Oase für Biobauern

In Saudi-Arabien ist die ökologische Landwirtschaft im Kommen

  • Frank Odenthal
  • Lesedauer: 4 Min.
Öko-Landwirtschaft hält Einzug in Saudi-Arabien. Doch können Bio-Tomaten und Bio-Datteln den dramatischen Rückgang der Wasserreserven auf der Arabischen Halbinsel stoppen?

Auf sein selbst gebackenes Brot ist Khalid al-Haddad besonders stolz. Nicht nur im hauseigenen Ofen wird es gebacken, auch alle Zutaten stammen aus eigener Produktion. Haddad ist Besitzer des »Abazeer«-Biomarktes im Zentrum von Dschidda am Roten Meer, der zweitgrößten Stadt Saudi-Arabiens. Sein Sortiment kann sich sehen lassen.

»Wir bieten eine breite Palette an Bio-Obst und Bio-Gemüse an«, sagt Haddad. Hinzu kommen Kekse, Gewürze und sogar hausgemachter Käse. »Ein echter Geheimtipp ist unsere Bio-Pfefferminze. Dafür gehen sogar Bestellungen aus Ägypten und Libanon bei uns ein.«

Als Haddad 1985 seinen »Abazeer«-Biomarkt gründete, hatte die saudische Regierung die Landwirtschaft des Wüstenstaates gerade so weit intensiviert, dass man sich mit der erzielten Weizenernte selbst versorgen konnte. Zu Beginn der 90er Jahre gehörte Saudi-Arabien bereits zu den größten Weizenexporteuren der Welt. Dabei stehen weniger als ein halbes Prozent der Landesfläche als Kulturland zur Verfügung.

Der Erfolg jedoch war teuer erkauft. Die Felder mussten dem sandigen Boden regelrecht abgetrotzt werden. Hinzu kamen höchst ineffiziente Bewässerungsmethoden, etwa der Einsatz riesiger Beregnungsanlagen, bei denen bis zur Hälfte des versprühten Wassers verdunstet, bevor es den Boden erreicht. Die Folgen zeigen sich heute. Der Grundwasserspiegel in Saudi-Arabien ist in den letzten Jahrzehnten rapide gesunken. Viele Brunnen sind trockengefallen, selbst in fruchtbaren Gegenden.

Das Königshaus hat das Problem des Wassermangels inzwischen erkannt. König Abdullah, seit 2005 im Amt, unternimmt zaghafte Versuche, seine Landsleute auf einen behutsameren Umgang mit den schwindenden Wasserreserven einzustimmen, vor allem in der Landwirtschaft. Die Förderung des besonders wasserintensiven Weizenanbaus läuft in wenigen Jahren aus; für andere Produkte wurde bereits ein Exportstopp verhängt.

Im Hedschas, der Küstenregion am Roten Meer, unterhält Khalid al-Haddad drei große Farmen. Neben Tomaten und Knoblauch züchtet er hier Kartoffeln und Bohnen, Gurken und Zucchini, Auberginen, Paprika und Peperoni, aber auch exotische Früchte, wie Papaya, Mango, Pfirsiche und Aprikosen. Seine Felder hat er inzwischen ganz auf Tröpfchenbewässerung umgestellt. So spare er über vierzig Prozent an Wasser gegenüber den Beregnungsanlagen, sagt er. Und das sei erst der Anfang, sagt Biobauer Haddad. Inzwischen kompostiere er die vertrockneten Überreste und dünge damit die Felder. Er beachtet Fruchtfolgen bei der Aussaat und verwendet besonders stickstoffbindende Pflanzensorten. Und natürlich verzichtet er auf Kunstdünger und Pestizide, sagt er stolz. Das alles verbessere die Qualität der Böden und damit ihre Wasserhaltefähigkeit, haben ihm die deutschen Berater erklärt.

Die Berater, das sind die Experten der GIZ, der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, die seit 2005 im Auftrag des saudischen Agrarministeriums vor Ort sind. Die Erfahrung auf dem Biosektor habe damals den Ausschlag für die Deutschen gegeben, sagt Saad Khalil, der Leiter des saudischen Ökolandbauverbandes SOFA. »Wir mussten der biologischen Landwirtschaft erst einen verlässlichen rechtlichen Rahmen schaffen, eine saudische Ökoverordnung.« 2011 habe man dann ein saudisches Biosiegel eingeführt. »Es ist das erste seiner Art auf der arabischen Halbinsel«. Vorbild, so Khalil, sei das EU-Siegel gewesen.

Nach heutigem Stand werden 16 000 Hektar Land gemäß der saudischen Ökoverordnung bewirtschaftet; das sind knapp zwei Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche des Landes. Bis 2017 soll der Anteil auf fünf Prozent steigen. Ein realistisches Ziel, wenn man berücksichtigt, dass die Königsfamilie angekündigt hat, die gesamte Produktion ihrer riesigen Farmen auf ökologische Methoden umzustellen.

Die Najd-Wohnanlage im Nordwesten Riads mutet von außen wie ein Hochsicherheitsgefängnis an. Im Inneren fühlt man sich eher an einen Club Med erinnert; es gibt Fußballplätze und Swimming Pools, in einer Bar lassen sich die Spiele der Fußball-Bundesliga verfolgen. Seit 2010 lebt Marco Hartmann hier. Der Agrarökonom, der an der Berliner Humboldt-Universität über internationale Agrarentwicklung promoviert hat, leitet das »Organic Farming Project« der GIZ in Saudi-Arabien.

»Das Problem des saudischen Marktes ist, dass noch nicht das ganze Jahr über konstant Bioprodukte angeboten werden können«, erklärt Hartmann. »Was bringt es, die Kundschaft mit großem Werbeaufwand für Bio-Paprika zu begeistern, wenn man in den folgenden sechs Monaten keine Bio-Paprika liefern kann?« Die Verfügbarkeit von Saatgut und Düngemitteln sei ein weiteres Problem, so Hartmann. Kurzfristig sollen Engpässe durch Importe überbrückt werden. Das Agrarministerium verhandelt bereits mit möglichen Lieferanten aus dem Mittelmeerraum und dem Nahen Osten.

Inzwischen gibt es landesweit 30 Biosupermärkte. Die großen konventionellen Supermärkte haben mittlerweile große Regalflächen für Bioprodukte reserviert. Der Stand mit Bioware auf einem der großen Wochenmärkte in Riad ist regelmäßig nach kurzer Zeit ausverkauft. Und zuletzt startete sogar ein Auslieferungsservice, eine »saudische Bio-Kiste«.

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