Zweite Reihe

Hartmut Mehdorn ist nicht mehr Vorstandschef von Air Berlin

Hartmut Mehdorn war schon oft für Überraschungen gut - das gilt auch für seine Zeit bei Air Berlin. Vor rund 15 Monaten trat der einstige Bahnchef als Kurzzeit-Interimschef an; später hieß es, er werde bis Ende 2013 bleiben. Nun aber teilte die schwer angeschlagene Fluggesellschaft mit, Strategiechef Wolfgang Prock-Schauer sei ab sofort neuer Vorstandsvorsitzender. Mehdorn bleibe Mitglied des Leitungsgremiums.

Über die Gründe für den überraschenden Wechsel ins zweite Glied lässt sich nur spekulieren. Auf jeden Fall hat sich der wegen seiner selbstherrlichen Entscheidungen berüchtigte Mehdorn nicht über seinen Auftrag hinweggesetzt. Als Nachfolger von Joachim Hunold, der mit seinem teuren Expansionskurs abgestürzt war, sollte der gebürtige Warschauer, der die Deutsche Bahn - zum Leidwesen von Reisenden und Beschäftigten - auf Gewinn trimmte, den Sanierer abgeben. Und was macht man, wenn man angesichts der Rezession im Euroraum, hoher Kerosinpreise und wachsender Überkapazitäten bei kaum noch steigender Nachfrage im Luftverkehrsmarkt kein zukunftsträchtiges Geschäftsmodell zu bieten hat? Man senkt die Kosten. Mehdorn reduzierte die Zahl der Strecken und Flugzeuge. Ein von ihm entworfenes zweites Sparprogramm mit dem Titel »Turbine 2013« sieht eine Reduzierung der Kosten um 15 Prozent vor, wodurch bis zu 500 der 9300 Stellen bedroht sind. Hier ist Ärger mit den Arbeitnehmervertretern programmiert.

Womöglich will sich der rüstige 70-Jährige das nicht mehr antun und überlässt es lieber seinem Nachfolger. Zumal die erneute Verschiebung der Eröffnung des Berliner Großflughafens, von dem Air Berlin besonders profitieren will, die finanziellen Probleme wieder verschärft. Zum letzten Mal schrieb die Airline im Jahr 2007 schwarze Zahlen. Außerdem soll auch die von Mehdorn als kapitalkräftige Großaktionärin gefundene Airline Etihad aus Abu Dhabi über das langsame Tempo der Sanierung verärgert sein. Ein privater Investor ist im Unterschied zu Verkehrsministern nicht gewillt, dem leitenden Angestellten einen Freifahrtschein auszustellen.

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