EU uneins über Waffen für Syrien
Paris und London wollen Rebellen aufrüsten, Berlin hat Bedenken
Der UN-Sicherheitsrat erklärte, er sei »zutiefst« besorgt über Gewalt an der Grenze Syriens zu Libanon, wird der russische Botschafter Witali Tschurkin von AFP zitiert. In der Ratser᠆klärung genannt wird »das wiederholte Feuer über die Grenze hinweg, das zu Tod und Verletzungen in der libanesischen Bevölkerung führt«.
Anschließend gab es mediale Lobeshymnen. Der Rat, so berichteten Korrespondenten allen Ernstes, habe seine bisherige tiefe Spaltung im Syrien-Konflikt überwunden und erstmals einstimmig eine Resolution zu dem Konflikt verabschiedet. So weit, so erstaunlich. Mag der Wunsch nach Verständigung der Vetomächte in der Syrien-Frage auch löblich, weil für die Herstellung von Frieden dringend erforderlich sein - die UN-Erklärung so darzustellen ist eine Art von Realitätsverweigerung. Was in dem Papier gerügt wird, ist wohl tägliches Tun in einem asymmetrischen Krieg.
Syrische Rebellen - und mehr noch wahrscheinlich islamistische Kämpfer aus anderen Ländern - dringen mit Waffen und Ausrüstung über Libanon in Syrien ein und nutzen den Zedernstaat anschließend wieder als Rückzugsgebiet. Umgekehrt nehmen syrische Regierungstruppen bei der Verfolgung des Gegners die libanesische Grenze wohl ebenso wenig ernst. Es ist mithin eine UN-Erklärung, die beide Seiten meint, aber in ihrer Anonymität niemandem weh tut. Bisher hatten die westlichen UN-Vetomächte die russische Syrien-Politik im Rat stets als einseitige »Blockade« einer Konfliktlösung gebrandmarkt und Moskau den Schwarzen Peter für das anhaltende Töten in Syrien zugeschoben. Nicht erwähnt wurde dabei, dass der Westen bisher auch alle Vorschläge Russlands und Chinas zurückwies.
Dass es in der Sache keinerlei Annäherung gibt, zeigte der EU-Gipfel gestern in Brüssel. Mehr noch. Die EU-Länder sind selbst uneinig. Frankreich und Großbritannien bekräftigten ihre bereits am Vortage geäußerte Absicht, Waffen an die syrischen Rebellen zu liefern. Sie wollen das jetzt nicht mehr nur auf Schleichwegen tun, sollte man hinzufügen. Frankreichs Ex-Verteidigungsminister Hervé Morin warnte gestern vergeblich seine Regierung, in Syrien den »Zauberlehrling« spielen zu wollen.
Weder London noch Paris warteten bei ihrem Vorpreschen Beratungen in den zuständigen EU-Gremien ab. Die immer wieder gern verbreitete Mär vom Streben nach einer »Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik« bleibt eine Worthülse ohne Inhalt.
Wie reagiert Berlin? Noch am Mittwoch hatte Bundesaußenminister Guido Westerwelle im ZDF-Interview dem ständigen Insistieren des Moderators nach angeblicher Notwendigkeit von Waffenhilfe aus der EU für die Rebellen standgehalten und »im Namen der politischen Vernunft« verneint. Noch scheint dieser Standpunkt zu gelten. Vielleicht hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel auch der Schröderschen Erfolgsformel erinnert, die da lautete: »Keine Kriegsteilnahme in Wahljahren«. Jedenfalls äußerte sie in Brüssel laut AFP »eine Reihe von Vorbehalten« gegen Waffenlieferungen. Deutschland steht damit nicht allein. Auch Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann erklärte sich »strikt gegen eine Aufhebung des EU-Waffenembargos«. Offiziell vertagten die Gipfelteilnehmer das Problem auf nächste Woche.
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