»Das Problem liegt nicht in der Währung«

West-Linke widersprechen Lafontaines Überlegungen zum Ausstieg aus dem Euro: richtige Analyse, falsche Forderung

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 2 Min.

Oskar Lafontaine erntet derzeit in der eigenen Partei viel Widerspruch. Kürzlich hatte der saarländische Linksfraktionschef für einen schrittweisen Abschied vom Euro plädiert. Die gemeinsame Währung sei gescheitert, weil die beteiligten Staaten keine aufeinander abgestimmte produktivitätsorientierte Lohnpolitik verfolgt hätten, so Lafontaine auf seiner Website. Deswegen müsse man »die einheitliche Währung aufgeben und zu einem System zurückkehren, das Auf- und Abwertungen erlaubt«.

Die Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger hatten hingegen deutlich gemacht, dass sie von einem Ende des Euro nichts wissen wollen. Nun distanzieren sich auch Parteifreunde von Lafontaines Äußerungen. »Ich teile seine Analyse, aber ich würde deswegen nicht so weit gehen zu sagen, dass wir wieder unterschiedliche Währungen brauchen«, sagte der rheinland-pfälzische Bundestagsabgeordnete Alexander Ulrich dem »nd«. Es gehe vielmehr darum, in Deutschland Lohn- und Steuerdumping zu beenden, um die Binnennachfrage zu stärken.

Das war bisher auch Lafontaines Position. Aber »mit deutschen Unternehmerverbänden und dem diesen folgenden neoliberalen Parteienblock, bestehend aus Union, SPD, FDP und Grünen«, hält er eine reale Aufwertung über steigende Löhne in Deutschland nicht mehr für möglich. Dem dürften nicht wenige LINKE-Politiker zustimmen. Andererseits wollen sie sich aber auch nicht mit Anti-Euro-Kampagnen vom europäischen Projekt entfernen. Die Linkspartei sei nicht gegen die europäische Integration, sondern kritisiere die Politik der Troika aus EU-Kommission, IWF und EZB sowie die Maßnahmen der Bundesregierung, betonte Ulrich.

Ähnlich argumentierte der hessische Landtagsabgeordnete und Landeschef Ulrich Wilken im Gespräch mit »nd«. »Für mich steht fest, dass eine falsche Politik durch eine andere Währung nicht richtig wird. Das Problem liegt nicht in der gemeinsamen Währung, sondern in der Austeritätspolitik in den Krisenländern und der Lohnzurückhaltung der Gewerkschaften«, so Wilken.

NRW-Landeschef Rüdiger Sagel meinte hingegen, Lafontaine habe einen »diskutablen Vorschlag« gemacht. »Ich bin nicht der Meinung, dass eine Abschaffung des Euro die grundlegende Lösung in der Krisenpolitik wäre. Richtig ist es aber, das Währungssystem zu überprüfen«, sagte Sagel gegenüber »nd«. Bisher sei nur auf die Krisen reagiert worden, statt zu erörtern, welche Faktoren zur Krise geführt hätten und wie sie sozial gelöst werden könnten. Überschneidungen mit der Anti-Euro-Partei Alternative für Deutschland (AfD), die kürzlich Parteivize Sahra Wagenknecht ausgemacht hatte, sieht Sagel indes nicht. »Die AfD hat grundlegend andere Vorstellungen als wir. Sie ist nationalistisch, will Deutschland nur als Wohlstandsinsel etablieren und übersieht dabei den internationalen Kontext«, sagte er.

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