LINKE nervt wegen TLG-Verkauf

Mieterbund legt Forderungskatalog zur Wohnungspolitik vor

  • Gabriele Oertel
  • Lesedauer: 2 Min.
Mieterbund-Präsident Franz-Georg Rips registriert ein gestiegenes Interesse an Wohnungspolitik. Das liegt daran, dass sich die Probleme für Mieter und Wohnungssuchende ob falscher regierungsamtlicher Weichenstellungen ballen - und daran, dass demnächst gewählt wird. Gestern im Bundestag war der Zusammenhang überdeutlich.

In einer von der Linksfraktion beantragten Aktuellen Stunde wurde zwischen Schwarz-Gelb und der Opposition heftigst über den Verkauf der 11 500 ehemaligen Treuhandwohnungen an den Hamburger Immobilienkonzern und internationalen Finanzinvestor TAG gestritten. Der Deal, den Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble im November 2012 über die Bühne zog und bei dem die von Politikern der LINKEN gegründete Wohnungsgenossenschaft »FairWohnen« bekanntlich nicht zum Zuge kam, hat an mehreren Stellen ein gewisses »Geschmäckle«. Nicht nur, dass die TAG nur Wochen nach der Inbesitznahme der an 42 ostdeutschen Standorten gelegenen Wohnungen bei den sogenannten Neuvertragsmieten kräftig zulangte - den ostdeutschen Ländern gehen ob des speziellen Verkaufskonstrukts mehr als 23 Millionen Euro an Grunderwerbssteuer verloren. Und als sei dies nicht schon schlimm genug, konnte vermutlich auch die im Auftrag des Bundes wie des Käufers agierende Barclays Bank an beiden Enden des Verhandlungstisches absahnen, schlussfolgert die LINKE aus einer Antwort der Regierung auf ihre Anfrage.

Freilich geht das nicht erlahmende Interesse der Linksfraktion an den Details des Wohnungsverkaufes Union wie FDP mit näher rückendem Wahltermin zunehmend auf die Nerven. Vertreter ihrer Fraktionen haben auch gestern darin nur die Reaktion Zukurzgekommener sehen wollen oder flüchteten sich in Auflistungen linker Sündenfälle bei Regierungsbeteiligungen. Doch inzwischen belässt es die Linksfraktion nicht mehr bei Worten. Sie hat, so teilte die wohnungspolitische Sprecherin Heidrun Bluhm gestern mit, am Donnerstag das zuständige Finanzamt und die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Ob das jedoch zu der von Fraktionschef Gregor Gysi unlängst geforderten Rückabwicklung des Verkaufes führt, bleibt abzuwarten.

Dem Mieterbund (DMB) käme derlei Umkehrung bislang praktizierter Verscherbelung öffentlicher Wohnungsbestände, wie unlängst auch in Baden-Württemberg und Bayern, freilich gelegen. Der DMB legte kurz vor dem nächste Woche stattfindenden 65. Mietertag in München einen Zehn-Punkte-Katalog vor, der unter anderem eine Absage an Privatisierungen enthält. Ein nicht profitorientierter wohnungswirtschaftlicher Sektor sei durch Konzentration von Fördermitteln zu stärken, heißt es darin. Andere Forderungen des Dachverbandes von 320 Mietervereinen sind eine Verdoppelung des Mietwohnungsbaus auf 140 000 Wohnungen pro Jahr, jährlich 100 000 neue Preis- und Belegungsbindungen und eine Vervierfachung der bislang existierenden 550 000 altersgerechten Wohnungen bis 2020. Die Begrenzung der Neuvertragsmieten auf zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete, zehn Prozent Wohngelderhöhung, die Rücknahme der Verschlechterungen durch das Mietrechtsänderungsgesetz und die soziale Gestaltung bei energetischen Sanierungen stehen auch auf dem Wunschzettel.

So anspruchsvoll und teuer der auch ist - DMB-Präsident Rips zeigt sich optimistisch: 20 Jahre sei die Wohnungspolitik, unabhängig von der Regierungskonstellation, von Desinteresse und Passivität bestimmt gewesen. »Das ändert sich jetzt«.

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