Buhrufe für Keith Alexander
Snowdens neue Enthüllungen bringen NSA weiter unter Druck
Der US-amerikanische Geheimdienst NSA ist vor dem US-Senat in die Offensive gegangen und hat eine Reihe von bisher geheim gehaltenen Dokumenten vorgelegt, um die Kritiker seines massiven Programms zum millionenfachen Abhören von Telefonen und Mitlesen der Internet-Kommunikation zu widerlegen. Doch die Senatoren blieben skeptisch. Denn die NSA machte nur ein mageres Ergebnis ihres Überwachungsprogramms öffentlich: So wurde eine Gruppe von Personen im kalifornischen San Diego entdeckt, die 8500 Dollar an mit Al Qaida verbündete Militante in Somalia transferiert habe.
»Wenn dieses Programm nicht effektiv ist, dann muss es beendet werden«, erklärte der Demokrat Patrick Leahy, Vorsitzender des Justizausschusses, vor dem die Anhörung der NSA-Mitarbeiter stattfand. »Bisher bin ich von dem, was ich gesehen habe, nicht überzeugt.« Senator Ron Wyden vom Geheimdienstausschuss nannte die magere Ausbeute der Bespitzelung von Millionen Amerikanern einen »Overkill«. Er sei »skeptisch, dass die massive Sammlung von Telefondaten wirklich einen solchen Wert für die Regierung hat«, sagte der demokratische Politiker. »Ich denke, dass die Geduld des amerikanischen Volkes zu Ende geht, aber was uns in einer Demokratie mit noch mehr Sorge erfüllen muss, ist, dass das Vertrauen des amerikanischen Volkes zu Ende geht«, betonte Leahy.
Das Weiße Haus hatte NSA-Beamte in das Senatskomitee geschickt und geheime NSA-Dokumente freigegeben, um in einer Öffentlichkeitskampagne der weitverbreiteten Kritik an den Überwachungen zu begegnen, die durch den Informanten Edward Snowden bekannt gemacht wurden. Diese Veröffentlichungen haben die US-amerikanische Öffentlichkeit schockiert, weil nahezu jedes Telefongespräch erfasst worden ist.
Im US-Abgeordnetenhaus wäre das Überwachungsprogramm der NSA in der Vorwoche beinahe beendet worden. Das Haus muss dessen Fortführung alle drei Monate genehmigen. Am vergangenen Freitag wäre es ausgelaufen und zahlreiche Abgeordnete wollten die Telefonbespitzelung stoppen. Nachdem das Weiße Haus Abgeordnete massiv bearbeitet hatte, wurde die Fortführung der Telefonkontrollen durch die NSA dann mit einer für Fragen der nationalen Sicherheit sehr dünnen Mehrheit von zwölf Stimmen gebilligt. Für drei Monate.
Und Snowden, der am Donnerstag von Russland sein beantragtes vorläufiges Asyl erhielt und den Transitbereich des Moskauer Flughafens verlassen durfte, hat noch weitere Enthüllungen parat. So veröffentlichte die mit ihm zusammenarbeitende britische Zeitung »The Guardian« nach dem umstrittenen Prism-Programm Einzelheiten über das Programm XKeyscore. Die Unterlagen dazu hatte Snowden der Zeitung schon vor einiger Zeit übergeben. XKeyscore ermöglicht der NSA, den Internet-Verkehr von 150 Großservern weltweit, darunter zahlreiche in Europa, in Echtzeit aufzunehmen. Snowden erklärte dem »Guardian«, dieses Programm habe ihm erlaubt, in Echtzeit alles mitzulesen, was ein Internetnutzer über seinen Computer eingebe und empfange.
Die Meldung kam zeitgleich mit dem Versuch der NSA, im Senat für Verständnis zu werben. Der stellvertretende NSA-Direktor John Inglis erzählte den Senatoren, es seien nur 22 Mitarbeiter direkt mit den millionenfach gesammelten Daten befasst. Die NSA habe ursprünglich mit 300 Telefonnummern von bekannten Terroristen begonnen und dann 500 weitere verdächtige Nummern gefunden, die sie an das Bundeskriminalamt FBI weitergeleitet habe.
Während die Senatoren mit den NSA-Mitarbeitern diskutierten, versuchte NSA-Direktor Keith Alexander in Las Vegas, talentierte Computer-Hacker für seinen Dienst anzuwerben. Er sprach auf der Jahreskonferenz der Hacker-Organisation »Black Hat«. Dort erklärte er, dass die NSA ihre Mitarbeiter »zu 100 Prozent« überprüfe. »Die NSA steht für die Freiheit. Helfen Sie uns, das Land zu verteidigen und bessere Lösungen zu finden«, sagte er zu den Computerspezialisten. Das Publikum war wenig freundlich. Alexander wurde immer wieder ausgebuht und sogar beschimpft.
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