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Frauen keine Antwort wert?

Bernadette Leidinger-Beierle ist Sprecherin des Frauenverbandes Courage

  • Lesedauer: 3 Min.

nd: Ihrem Verband Courage wurde im Dezember letzten Jahres die Gemeinnützigkeit entzogen. Nun haben Sie sich mit einem Offenen Brief an NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft gewendet. Mit welcher Hoffnung?
Leidinger-Beierle: Wir haben Widerspruch eingelegt, und im April bekamen wir einen Brief, dass eine Stellungnahme in Kürze erfolge. Das ist aber bis heute nicht passiert. Wir haben über unseren Anwalt nachgebohrt und erfahren, dass die Zuständigkeit mittlerweile beim Innenministerium von Nordrhein-Westfalen liegt. Wir haben das Gefühl, dass man uns hier am langen Arm verhungern lassen will, und deshalb fordern wir von Hannelore Kraft eine Stellungnahme.

Warum wurde Ihnen die Gemeinnützigkeit aberkannt?
In der Begründung heißt es, es gäbe belegbare Hinweise für eine Einstufung von Courage als extremistische Organisation. Im Verfassungsschutzbericht selber wird Courage aber lediglich als beobachtete Organisation genannt. Uns wird seit Jahren schon unterstellt, dass wir eine Vorfeldorganisation der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) seien.

Wir sind ein überparteilicher Frauenverband, der Faschistinnen ausschließt, aber keine Kommunistinnen. Bei uns muss ja auch keine ihr Parteibuch zeigen. Alle Frauen, die auf Grundlage unseres Programms zusammenarbeiten, gehören zu uns. Und zur Frauenbewegung gehören nun mal Frauen von Religion bis Revolution. Darin liegt eine besondere Stärke der kämpferischen Frauenbewegung und unseres Verbands. Das werden wir keinesfalls über Bord werfen.

Erhalten Sie finanzielle Unterstützung durch die MLPD?
Nein. Wir legen größten Wert auf unsere finanzielle Unabhängigkeit und finanzieren uns aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Das weiß das Finanzamt Wuppertal sehr gut, dem wir seit 22 Jahren unsere Rechenschaftsberichte und Finanzunterlagen vorlegen.

Von welcher Seite haben Sie Rückhalt erfahren?
Nach der Aberkennung der Gemeinnützigkeit erklärten rund 100 Organisationen aus einem breiten Spektrum - von Parteien über Frauenorganisationen bis hin zu kirchlichen Kreisen ihre Solidarität. Über eine Onlinepetition auf change.org haben wir außerdem fast 700 und bei Demonstrationen noch mal ungefähr 1200 Unterschriften gesammelt.

Die Hamburger Ortsgruppe von Courage hat sich bereits an Frau Kraft gewandt, aber bisher keine Antwort erhalten. Haben Sie dafür eine Erklärung?
Vielleicht ist ihr der Frauenverband nicht wichtig genug. Auf der anderen Seite sind wir schon wichtig genug, um die Gemeinnützigkeit aberkannt zu bekommen. Ich weiß es nicht - manchmal landen Briefe ja schlicht und einfach im Papierkorb. Deshalb halte ich es auch für notwendig, jetzt noch mal an die Öffentlichkeit zu gehen, damit man das nicht einfach heimlich, still und leise hier so über die Bühne bringen kann.

Was machen Sie, wenn sich Frau Kraft wieder nicht äußert?
Wir werden dann auf jeden Fall in irgendeiner Form mit unseren Unterschriften zu ihr gehen - mindestens zur Eröffnung des nordrhein-westfälischen Landtags am 26. September. Vorher wollen wir in der Innenstadt eine Kundgebung machen und von dort zum Landtag ziehen.

Fragen: Johanna Treblin

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