Ganz im Dienste von Bayerngas

Die Landesregierung in München fordert Dänemark zur Änderung von Steuerregeln auf

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 3 Min.
Dänemark will die Steuereinnahmen aus dem Öl- und Gassektor deutlich erhöhen - und verärgert damit die bayerische Landesregierung.

Der dänische Finanzminister Bjarne Corydon und Steuerminister Holger K. Nielsen haben einen Brief des bayrischen Wirtschaftsministers Martin Zeil erhalten. Der FDP-Politiker kritisiert darin, dass die angestrebte Erhöhung der Steuersätze für die Öl- und Gasförderer im dänischen Teil der Nordsee ein bedeutendes Unternehmen seines Bundeslandes benachteiligt: Bayerngas.

Die dänische Mitte-Links-Regierung will die Abschreibungsmöglichkeiten der Branche auf 30 Prozent begrenzen. Bisher galten verschiedene Steuer- und Abschreibungssätze, abhängig davon, wann ein Unternehmen begonnen hatte, Öl und Gas zu suchen und zu fördern. Die hohen Investitionen konnten bisher stark steuermindernd auf die künftigen Gewinne verteilt werden. Die dänische Regierung bezweckt mit der Änderung, neben der Erhöhung der Staatseinnahmen auch die verschiedenen Steuersätze im Öl- und Gassektor zu harmonisieren.

Zahlen & Fakten

Die Bayerngas GmbH wurde 1962 gegründet, um kommunalen Stadtwerken und Industriekunden zu günstigen Konditionen Erdgas zu beschaffen. Im Jahre 2012 wurden 80,2 Milliarden Kilowattstunden Erdgas gehandelt, der Umsatz betrug 2,2 Milliarden Euro. Neben dem Großhandel betreibt das Unternehmen, das sich im Besitz mehrerer Stadtwerke befindet, das 1300 Kilometer lange Gasleitungsnetz in Südbayern.

Im Jahr 2006 stieg man auch in die Förderung in der Nordsee ein. Zu diesem Zweck wurde mit den Stadtwerken München die Tochtergesellschaft Bayerngas Norge gegründet. Sie ist an 28 Lizenzen mit sieben Erdgas- und Erdöl-Gebieten in Norwegen und Dänemark beteiligt. nd

Bayerngas kämpft seit Monaten um eine Ausnahmeregelung, die die absehbare steuerliche Mehrbelastung dämpfen soll. Das Unternehmen drohte bereits damit, in Dänemark keine weiteren Investitionen über die hinaus vorzunehmen, zu denen man sich vertraglich verpflichtet hat. An dem neuen und profitablen Hejre-Feld hat die Tochter Bayerngas Norge einen 15-Prozent-Anteil erworben, Partner sind das dänische Staatsunternehmen DONG (60 Prozent) und die norwegische Statoil (25 Prozent). Die Bayern sehen sich durch die Steuerpläne benachteiligt, weil man in Dänemark erst dabei ist, das Hejre-Feld für die Ausbeutung vorzubereiten, während die Wettbewerber bereits über Einnahmen verfügten und so die höheren Steuern besser verkraften könnten. Den bayerischen Wirtschaftsminister ärgert zudem, dass die dänische Regierung die Steuerreform kurz nach dem Investitionsbeschluss von Bayerngas bekannt gegeben habe. Zeil schreibt, dass »Bayerngas vor diesem Hintergrund gewisse legitime Erwartungen für seine Investition hege«, und verweist auf die bislang guten Geschäftsbeziehungen zwischen Bayern und Dänemark, deren jährlicher Umfang sich auf rund zwei Milliarden Euro belaufe.

Die dänische Seite hat bisher nicht auf den Vorstoß aus München geantwortet. Minister Nielsen erläuterte gegenüber Medien lediglich, dass man sich die Haltungen anderer Partner notiere, Steuerfragen jedoch durch Parlament und Regierung Dänemarks entschieden werden.

Ohnehin sind die erhöhten Steuereinnahmen aus dem Nordseeöl im Staatshaushalt bereits fest verplant. Daraus soll ein neuer Staatsfonds für den massiven Ausbau der Eisenbahninfrastruktur mit vier Milliarden Euro gespeist werden. Probleme bereitet aber der seit Monaten anhaltende Preisrückgang für Nordseeöl auf dem Weltmarkt, was vom Syrien-Konflikt kurz überlagert wurde.

Das Hejre-Feld soll das allmählich zu Ende gehende dänische Ölzeitalter um zehn Jahre verlängern, während der Eisenbahnfonds eines der Flaggschiffe der Mitte-Links-Regierung bei der langfristigen Umstrukturierung der Wirtschaft ist. Deshalb kommen die Forderungen aus Bayern politisch äußerst ungelegen, da Dänemark seinen Ruf als Land mit besonders stabilem Investitionsklima nicht gefährden will.

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