Warten auf das Startsignal

Die ungeklärte Regierungsfrage in Berlin lässt auch Akteure im Sport zittern

  • Oliver Händler
  • Lesedauer: 4 Min.

Warnungen hat Andrea Gotzmann schon einige ausgesprochen, doch nun klingt die Vorstandsvorsitzende der Nationalen Anti-Doping Agentur NADA wahrhaft beunruhigt. »Es wird knapp!«, sagt sie und meint die immer noch klaffende Millionenlücke im NADA-Etat für das Jahr 2014. Das beginnt in gut drei Monaten und noch ist der eigene Haushaltsplan nicht geschrieben. Gotzmann scheint immer mehr davon auszugehen, dass er nicht wieder 4,6 Millionen Euro umfassen wird wie 2012 und 2013: »Es fehlen immer noch eine Million Euro. Hier ist der Bund bisher immer eingesprungen und hat dieses Geld für die Dopingkontrollen zur Verfügung gestellt.«

Die NADA wird wohl noch ein paar Monate auf das Geld warten müssen, denn in Berlin streiten die Parteien noch darüber, wer mit wem regieren oder eben nicht regieren will. Da muss der Antidopingkampf hintenanstehen, auch wenn ihn sich alle Parteien auf die Fahne geschrieben haben. Trotzdem muss die NADA Jahr für Jahr auf diese Million warten, denn im Grunde sollte sie längst nicht mehr vom Bund, sondern von den Bundesländern und der Wirtschaft gezahlt werden. Da sich hier jedoch Ignoranz gegenüber früheren Zusagen breitgemacht hat, springt immer wieder der Bund ein.

»Wir müssen unser Budget bald zu Papier bringen, und es wäre unseriös zu spekulieren. Also gehen wir derzeit von dem Szenario aus, dass wir dieses Geld nicht haben werden«, so Gotzmann. In jenem Szenario müsste die NADA die Anzahl ihrer jährlich bis zu 8000 Dopingkontrollen drastisch zurückfahren. Ein flächendeckendes, intelligentes und vor allem auch glaubwürdiges Kontrollsystem wäre damit nicht mehr aufrecht zu erhalten. Schon jetzt steht die NADA in der Kritik dafür, nur sehr wenige Doper zu erwischen. Weniger Kontrollen würden dieses Dilemma noch verschärfen.

Ungeduld macht sich breit

Doch nicht nur bei der Behörde in Bonn macht sich Ungeduld breit, auch aus München wird gespannt nach Berlin geschaut. In der bayerischen Landeshauptstadt wird quasi seit dem 6. Juli 2011 an einer neuen Olympiabewerbung gebastelt. Vor gut zwei Jahren hatte München im Kampf um die Winterspiele 2018 gegen Pyeongchang verloren. Für die Ausgabe 2022 rechnen sich die deutschen Olympiamacher größere Chancen aus.

Das Problem ist, dass eine Bewerbung am 14. November 2013 beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) eingegangen sein muss. Und die sollte möglichst eine Unterstützungsnote der Bundesregierung beinhalten. Doch was, wenn es dann noch gar keine neue gibt? Die Münchner hatten stets betont, die Wahlen in Bayern und im Bund sowie Volksbefragungen in den Ausrichtergemeinden abzuwarten, bevor eine Bewerbung ans IOC geht. Nun beginnt eine Zitterpartie.

»Die Vorbereitungen der Bürgerentscheide werden planmäßig weiter vorangetrieben«, sagt Matthias Kristlbauer, Sprecher der Stadt München, gegenüber »nd«. Schließlich seien die Signale von Landesregierung und Bundesregierung bezüglich einer erneuten Olympiabewerbung stets positiv gewesen. Allerdings waren das die alten Regierungen. Und wer weiß, ob Schwarz-Grün im Bund ohne die Bayerin Claudia Roth als Vorsitzende der Grünen einer Bewerbung noch zustimmt.

Kontinuität der Unterstützung sicher

DOSB-Generaldirektor Michael Vesper ist sich einer Kontinuität der Unterstützung trotzdem sicher. »Wir haben ja noch eine funktionierende Bundesregierung, und es ist davon auszugehen, dass die alte Bundeskanzlerin auch die neue sein wird«, so Vesper. »Angela Merkel und Horst Seehofer haben - übrigens wie Herr Gabriel und Herr Steinbrück von der SPD - bekräftigt, dass sie eine Bewerbung unterstützen wollen, und wir vertrauen auf ihr Wort.«

Über die Haltung seiner Parteikollegen bei den Grünen ist sich Vesper noch nicht sicher. »Manche hatten die Bewerbung 2018 unterstützt, manche kritisiert und manche sogar bekämpft«, erinnert sich Vesper, der jedoch betont, dass man aus der Kritik gelernt habe und auf grüne Forderungen eingegangen sei. »Die Verlegung von Biathlon und Langlauf nach Ruhpolding war eine Forderung von grünen Kritikern.«

Die Regierungsunterstützung ist formal genommen noch nicht nötig für die erste Bewerbungsabgabe. Da reicht ein Interessensbrief. Doch nicht umsonst wurden die Bürgerentscheide vier Tage vor jenem 14. November angesetzt. Dem IOC soll früh ein breiter Rückhalt aller Gremien signalisiert werden. Ein Brief der Bundesregierung wäre sicher gern gesehen.

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