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- Zurück auf Los von Pierre Sanoussi-Bliss
Ihr kommt durch
Pierre Sanoussi-Bliss ist zwar schon in einigen Spielfilmen aufgetreten, in Doris Dörries »Keiner liebt mich« (1995) etwa oder in Wolfgang Bülds »Go, Trabi, Go II« (1992), aber so richtig bekannt wurde er erst durch eine Fernsehserie. Seit 1997 stand er nämlich dem »Alten« zur Seite, jenem Kommissar, der alle Fälle klärt. Dass Sanoussi-Bliss auch mal mehr sein wollte als der Stichwortgeber eines TV-Ermittlers, lag indes längst auf der Hand. Und weil es anders nicht zu gehen schien, erfüllte er sich vor zwei Jahren den Traum auf eigene Faust: Er drehte einfach sein Regiedebüt, als Autor, Inszenator und Hauptdarsteller in einer Pörson. Die unermüdlichen Prenzlauer Berg-Produzenten der Firma Ö-Film standen ihm zur Seite, und das Kleine Fernsehspiel des ZDF gab Geld.
Jetzt kommt das Werk nach längerer Lagerzeit endlich ins Kino: »Zurück auf Los«, ein kleines, mal himmelhoch jauchzendes, mal zu Tode betrübtes Opus aus dem Alltag schwuler Männer in Berlin. Ein Liebesfilm mit allen dazugehörigen Ingredienzien: Romantik, Zorn, Verrücktheit, Verträumtheit. Nur noch ein bisschen romantischer, exotischer und schriller als sonst üblich. Das fängt schon beim Beruf der Hauptfigur an: Sam ist nämlich ar beitsloser Möchtegern-Chansonnier, der ohne Vertrag seine erste eigene CD mit DDR-Lieblingsliedern aufnimmt, Sanoussi-Bliss - schwarz, schwul und Ossi - macht das erstaunlich gut, nach diesem Film dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis er als Star der Szene gefeiert wird.
Überhaupt hat »Zurück auf Los« das Zeug zum Kultfilm. Sanoussi-Bliss scheut sich weder vor Derbem und Deftigem noch vor ausgiebig zelebrierter Nacktheit noch vor Extremkitsch. Seine Dialoge wir ken wie frisch von der Leber weg improvisiert, ganz Jargon und darin auch schon wieder Kunst. Das Ambiente bewegt sich zwischen hundebeschissenem Prenzlauer Berg und freier Ostseeluft. Die Fabel schließlich setzt sich aus unzähligen Episoden zusammen und ist am Ende doch ganz aus einem Guss. Einschließlich jener Schicksalsschläge, die im Kino seit jeher zu Tränen rühren. Die schlimme Krank heit, die unseren Helden befällt, heißt natürlich Aids. Sein neuer Freund Rainer (Dieter Bach), ein West-Berliner Krankenpfleger, verliert dazu noch bei einem Autounfall das Augenlicht. Und der Dritte im Bunde, der Tänzer Bastl (Mathias Freihof, bekannt aus »Coming out«), säuft sich fast um Verstand und Potenz.
Dennoch ist »Zurück auf Los« alles andere als ein Leidens- und Trauerspiel. Vorgeführt werden stattdessen forcierte Lebenslust und ungebremster Lebensmut, trotz alledem. Auch wenn vielen zum Heulen zumute ist: Mit Freunden steht man selbst die schlimmsten Depressionen durch. So lautet die Botschaft dieses sympathischen, vielleicht etwas zu langen, dramaturgisch nach hier und dort mäandernden Halb-Märchens: Jeder Mann braucht einen Kumpel. Und: Haltet zusammen, dann kommt ihr durch. ??
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