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Der Aufstieg der Jelena Gagarina

Älteste Tochter des ersten Kosmonauten wird Chefin der Kreml-Museen

  • Lesedauer: 3 Min.

Von Gerhard Kowalski, Moskau

40 Jahre nach dem historischen Raumflug Juri Gagarins steigt auch dessen Tochter Jelena, die am Dienstag 42 Jahre alt wurde, in ungeahnte Höhen auf.

Zum Gagarin-Jubiläum am 12. April überraschte Russlands Präsident Wladimir Putin die zierliche Frau bei einem Besuch im »Sternenstädtchen« bei Moskau mit der Botschaft, dass er sie zur Generaldirektorin der Kreml-Museen er nannt habe. Eigentlich hatte sich Putin nur auf eine Tasse Tee bei Gagarins Witwe Walentina (66) angemeldet, die seit dem Tod ihres Mannes im März 1968 völlig zurückgezogen lebt. Da sie sich strikt weigerte, an irgendeiner der Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der Fluges Gagarins teilzunehmen, bemühte sich der mächtigste Mann Russlands selbst zu ihr und überbrachte Walentina Gagarina und ihren Töchtern Galina (40) und Jelena seine Glückwünsche zum Kosmosjubiläum.

Dann platzte Putin mit der sensationellen Nachricht heraus. Die promovierte Kunstwissenschaftlerin Jelena Gagarina dankte dem Kreml-Chef und sagte, für sie komme die Ernennung »völlig überraschend«. Sie fühle sich aber »sehr geehrt« und werde alles daran setzen, »das große Vertrauen zu rechtfertigen«. Sie hoffe, dass ihr die Erfahrungen, die sie an ihrem bisherigen Arbeitsplatz im Puschkin-Museum gesammelt habe, in ihrer neuen Funktion von Nutzen sein werden.

Die Kosmonauten, die Putin anschließend vor dem Gagarin-Museum herzlich begrüßten, zeigten sich mit der Entscheidung des Kremls-Chef höchst zufrieden. Denn für sie bedeutet der Aufstieg der Tochter Gagarins in die oberste Museums- Hierarchie des Landes in gewissem Sinne eine Aufwertung der krisengeplagten und in vielerlei Hinsicht sträflich vernachlässigten Raumfahrt. Mit strahlendem Lächeln stellte man sich deshalb auch den Fotografen und Kameraleuten zum »Familienfoto«. Putin schenkte den Raumfahrern ein Ölgemälde des ersten Kosmonauten der Welt, das dieser 1961 noch selbst signiert hatte. Er versprach, der Raumfahrt trotz aller Probleme einen her vorragenden Platz zu sichern. In der Öffentlichkeit löste der erstaunliche Aufstieg Jelena Gagarinas, die sich von nun an nicht nur über ein hohes Gehalt, sondern auch einen Dienstwagen mit Chauffeur, eine standesgemäße Wohnung und natür lieh eine Staatsdatsche freuen kann, gemischte Reaktionen aus. Die einflussreiche Zeitung »Kommersant« bezeichnete die Ernennung als »Geschenk des Präsidenten« zum Gagarin-Jubiläum. Denn diese Wahl sei »mit keinerlei anderen Motiven« zu rechtfertigen. Schließlich gebe es »dutzende, wenn nicht hunderte wissenschaftlicher Mitarbeiter«, denen Jelena Gagarina nicht mehr als den »kosmischen« Namen voraus habe. Andere meinten, die Familie Gagarins werde damit quasi für das neue Regime vereinnahmt. Jelena Gagarina, die bislang als stellvertretende Abteilungsleiterin im Puschkin-Museum vor allem die englischen Stiche betreute, tritt ein schweres Erbe an. Denn ihre Vorgängerin an der Spitze der Kreml-Museen, Irina Rodimzewa, steht seit 1999 heftig in der Kritik. Der Rechnungshof wirft ihr Vergeudung von einer Million Dollar zum Schaden des Staatshaushalts vor. ddp

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