Teure Namensänderung nach Reisebuchung

Reiserecht: Lärmende Gäste und Medikamenten-Einfuhrbestimmung

  • Lesedauer: 4 Min.
Ändert ein Kunde nach einer Reisebuchung seinen Namen, darf ihm der Reiseveranstalter deswegen keine Zusatzkosten in Höhe des vollen Reisepreises aufbrummen.

Das entschied das Landgericht München I am 16. Oktober 2013 (Az. 12 O 5413/13). Geklagt hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen die FTI Touristik GmbH.

Hintergrund der Klage des vzbv ist, dass Reiseveranstalter für Namensänderung oft überzogene Zusatzkosten verlangen - selbst dann, wenn nur eine fehlerhafte Schreibweise korrigiert oder ein Ersatzreisender benannt wurde. In der Buchungsbestätigung der FTI Touristik hieß es: »Achtung: Bei Namensänderung können Mehrkosten von bis zu 100 Prozent des Reisepreises oder mehr anfallen.«

Durch solche Klauseln mit völlig überzogenen Kosten würden die Rechte der Kunden ausgehöhlt, sagte vzbv-Rechtsreferentin Kerstin Hoppe. So dürfen Verbraucher dem Gesetz nach bei Pauschalreisen noch bis zum Reisebeginn eine Ersatzperson bestimmen, wenn sie selbst die Reise nicht antreten können.

Das Gericht stellte in seinem Urteil klar, dass Reiseveranstalter nur die tatsächlich anfallenden Mehrkosten verlangen dürfen. Die Klausel erwecke dem Gericht nach den Eindruck, das Reiseunternehmen könne für eine Namensänderung einen beliebigen Preis festlegen und sogar für die Korrektur eines Erfassungsfehlers kassieren. Die angekündigten Mehrkosten könnten Kunden abschrecken, so dass sie die Reise gar nicht erst antreten, statt beispielsweise den nach einer Heirat geänderten Namen umschreiben zu lassen.

All-Inclusive-Reisende nach Hause geschickt - Minderung des Reisepreises?

Ein deutsches Paar hatte bei einem Reiseveranstalter eine All-Inclusive-Reise in die Türkei gebucht. Dort musste das Paar vorzeitig die Koffer packen. Angeblich störten sie im Hotel wiederholt die Nachtruhe anderer Gäste. Das Amtsgerichts Viersen beschäftigte sich mit diesem Fall und fällte ein überraschendes Urteil.

Nachgewiesenermaßen musste die Hotelleitung mindestens einmal die Polizei rufen, um das betrunkene Paar zur Räson zu bringen. Der Hotelchef verwies daraufhin die Urlauber des Hauses. Der Reiseleiter des Reiseveranstalters brachte das Paar in ein anderes Hotel. Auch dort kam es an der Poolbar zu lautstarker Auseinandersetzung. Daraufhin weigerte sich das zweite Hotel, die Reisenden aufzunehmen.

Das Paar mussten den Urlaub abbrechen und für die vorzeitige Heimreise Flugtickets kaufen. Vom Reiseveranstalter verlangte der Kunde Ersatz für die zusätzlichen Reisekosten und eine Minderung des Reisepreises.

Zu Recht urteilte das Amtsgericht Viersen am 9. April 2013 (Az. 2 C 446/11). Der Reiseveranstalter hätte den Reisevertrag mit den Urlaubern nicht kündigen dürfen.

Die Begründung des Amtsgerichts klingt fast wie eine Generalabsolution für All-Inclusive-Urlauber: Eine lautstarke Auseinandersetzung genüge nicht, um eine Kündigung zu rechtfertigen - selbst wenn das Paar tatsächlich betrunken herum gebrüllt hätte. Denn da sei der Charakter der Reise zu berücksichtigen.

Bei All-Inclusive-Reisen, so das Gericht, bekomme der Reisende für den gezahlten Pauschalpreis vor Ort Essen und Getränke, auch alkoholische, in unbegrenzter Menge. Bei Billigreisen dieser Art stelle es geradezu ein »typisches Reiseverhalten dar«, reichlich Alkohol zu konsumieren. Verfehlungen der Urlauber seien vor diesem Hintergrund zu tolerieren - jedenfalls in einem höheren Maß, als das bei anderen Pauschalreisen der Fall wäre. Die Urlauber deshalb nach neun Tagen heimzuschicken, obwohl sie 18 Tage gebucht haben, sei überzogen.

Reiseveranstalter muss auf strenge Einfuhrbestimmungen für Medikamente hinweisen

Ein Reiseveranstalter ist verpflichtet, einen Kunden vor Vertragsschluss darauf hinzuweisen, dass im Urlaubsland strenge Einfuhrbestimmungen für Medikamente gelten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die entsprechenden Regelungen für den Veranstalter leicht über die Internetseite des Auswärtigen Amtes zu ermitteln sind. So das Landgericht Berlin nach einer Information der Deutschen Gesellschaft für Reiserecht in »Reise-Recht aktuell«.

Ein Urlauber hatte eine Pauschalreise nach Dubai für sich und seine Familie gebucht und bezahlt. Als er vor der Abreise von einem grundsätzlichen Einfuhrverbot für zahlreiche Medikamente in die Vereinigten Arabischen Emirate erfuhr, kündigte er den Vertrag mit der Begründung, seine Frau sei auf die Einnahme bestimmter Medikamente angewiesen, deren Einfuhr in die Vereinigten Arabischen Emirate nicht sichergestellt sei. Bei pflichtgemäßem Hinweis durch den Veranstalter hätte er die Reise nicht gebucht oder sich jedenfalls rechtzeitig um ein Attest für seine Frau gekümmert.

Dem folgte das Landgericht Berlin mit der Begründung, der Veranstalter hätte Hinweise auf die Medikamenteneinfuhr ohne Probleme auf der Internetseite des Auswärtigen Amtes finden können und den Kunden entsprechend warnen müssen. Die Aufklärungspflicht ergibt sich daraus, dass der Veranstalter nach Treu und Glauben gehalten ist, den Vertragspartner auf alle leicht erkennbaren Umstände hinzuweisen, die den Vertragszweck vereiteln könnten. Das Gericht verurteilte den Reiseveranstalter daher zur Rückzahlung von zwei Dritteln der Reisekosten als Schadenersatz.

Allerdings treffe den Kunden ein Mitverschulden, so das Gericht. Auch er hätte sich in Kenntnis der Krankheit seiner Frau eigenständig um Einfuhrbestimmungen kümmern müssen. Das Mitverschulden des Kunden bewertete das Landgericht mit einem Drittel.

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