Der lange Weg zur Umbenennung

Nazis als Namensgeber: Ein Fall aus Regensburg zeigt die Schwierigkeiten sie wieder loszuwerden

  • Hans Canjé
  • Lesedauer: 3 Min.
Fünf Schulen in Bayern tragen die Namen von Personen, die ins NS-System verstrickt waren. Darunter eine Schule in Regensburg.

Das bayerische Kultusministerium, hat die Namen der rund 4500 Schulen des Landes nach ihren Namensgebern untersuchen lassen. Dabei seien, so der Sprecher des Ministeriums, Ludwig Unger, »eine Handvoll Namensgeber mit großer Nähe zu den Nazis aufgefallen«. Zu den Schulen mit problematischem Namenspatron gehört unter anderem die »Hans-Herrmann-Grund- und Mittelschule« in Regensburg, zu deren Paten die Stadtväter den 1959 verstorbenen langjährigen Oberbürgermeister und Ehrenbürger der Stadt erkoren hatten.

Am 24. April empfahl der Landtag, die Namensgebungen »kritisch zu reflektieren«. Der Ruf kam auch in Regensburg an. Hans Herrmann war hier 1925 zum »2. rechtskundigen Bürgermeister« auf Lebenszeit bestellt worden. Der »Bürgermeister für jedes System«, wie ihn ein lokales Blog nennt, war da schon auf dem rechten Pfad. Auf der Liste der Bayerischen Volkspartei (BVP) war er am 5. März 1933 in den Reichstag gewählt worden. In deren Reihen stimmte er, den Ideen des »Führers« verbunden, im März 1933 dem Ermächtigungsgesetz zu.

Mit der Zusicherung, dass er sich »des besonderen Schutzes des Führers sicher sein« könne, blieb er das auch nach seinem Eintritt in die NSDAP am 1. Mai 1935 (Mitgliedsnummer 3 613 732) und in die SS, während der Jahre der faschistischen Herrschaft. 1942 bestätigte ihm sein SS-Kamerad, Oberbürgermeister Otto Schottenheim, anlässlich der Verleihung des Kriegsverdienstkreuz seine Aktivitäten in der Partei und die »aufopfernde, nie erlahmende Arbeitskraft«, die »gerade bei der Erledigung der kriegswichtigen Aufgaben der Stadt von besonderem Wert« war.

Nach dem Krieg stellte sich Herrmann wie so viele Deutsche als eigentlicher NS-Gegner dar, der Angehöriger einer zwar »nicht organisierten«, wohl aber einer »faktischen Widerstandsbewegung« war. Im Amt sei er »auf Wunsch der nichtnationalsozialistischen Bevölkerung geblieben, um in das NS-Regime mildernd eingreifen zu können«. Dieser Argumentation will das Kultusministerium in seiner Beurteilung nicht folgen. »Das zentrale, in Fällen dieser Provenienz vielfach in Anspruch genommene Argument, es sei darum gegangen, Schlimmeres zu verhindern, wird im Blick auf eine so hohe Funktion im Kontext des NS-Regimes, hier insbesondere auch auf die Rolle bei der ›Arisierung‹ von jüdischem Eigentum, brüchig.«

Dieser »Empfehlung« des Kultusministeriums zur Umbenennung der Schule will sich nach Worten des CSU-Landtagsabgeordneten und Regensburger Stadtrates Franz Rieger auch die örtliche CSU anschließen. Allerdings wolle man keinen Schnellschuss in der Sache. Und davon kann tatsächlich keine Rede sein. Ihren Namen trägt die Schule bis heute.

Alternativen gäbe es. Vor Jahren war die SPD mit dem Vorschlag gescheitert, eine neugebaute Grundschule nach dem sozialdemokratischen Widerstandskämpfer und Altbürgermeister Hans Weber zu benennen. 1935 waren er und weitere Genossen verhaftet worden. Weber wurde zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt. Die Strafe verbüßte er in den Zuchthäusern Straubing, Amberg und dann als »Moorsoldat« im Emslandlager.

Eltern und Lehrer hatten damals den Antrag mit der Begründung abgelehnt, die Geschichte des Hans Weber sei nichts für die Kinder dieser Schule, sie sei den Kindern nicht zu vermitteln. Der Sprecher der Regensburger »Arbeitsgemeinschaft ehemaliges Konzentrationslager Flossenbürg«, Hans Simon Pelanda, hatte das ablehnende Votum seinerzeit sarkastisch kommentiert: »Nichts hat man von den nämlichen Pädagogen gehört, wo es um die nach dem Nazibürgermeister Hans Herrmann seit Jahrzehnten gültige Benennung einer Schule ging.«

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