Trippelschritte für Grundrechte in der EU

Justizkommissarin Reding stellte Jahresbericht vor

  • Katja Herzberg
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Grundrechtecharta der EU findet immer öfter Anwendung in Justiz und Politik. Dies ist das erfreuliche Ergebnis des vierten Jahresberichts der EU-Kommission.

Die Bedeutung von Verfassungen, Konventionen und Erklärungen wird in der Regel daran gemessen, wie sie praktische Anwendung finden. Angesichts täglich neuer Meldungen zur Ausspähung elektronischer Kommunikation durch Behörden und Geheimdienste sowie daraus erwachsenden Forderungen für mehr Datenschutz sind das Recht auf Privatsphäre und Sicherheit persönlichster Informationen derzeit das Hauptaugenmerk in Grundrechtsfragen.

Tatsächlich gibt es hier auf EU-Ebene auch noch einiges zu tun, wie Justizkommissarin Viviane Reding am Montag einräumte. Bei der Vorstellung des Jahresberichts zur Anwendung der Grundrechtecharta und zur Gleichstellung in der EU in Brüssel forderte Reding, unabhängige Datenschutzbehörden in den Mitgliedsländern einzurichten. In Österreich habe die Kommission erreicht, dass die Datenschutzbehörde nicht mehr Teil des Kanzleramtes und nunmehr unabhängig sei, sagte die Kommissionsvizepräsidentin. »Das sollte die Alarmglocke läuten lassen in Deutschland, wo die Bundesbehörde für den Datenschutz immer noch Teil des Innenministeriums ist«, so die Luxemburgerin. Sie verwies zudem auf die Bestrebungen der EU-Kommission, den Datenschutz zu verbessern. Die Ablösung der Richtlinie von 1995 durch die Datenschutzgrundverordnung habe die aktuelle Kommission schon zu Beginn ihres Mandats auf den Weg gebracht. Jedoch ist die Reform noch immer nicht durch, der Rat muss ihr noch zustimmen.

Redings Bilanz der Anwendung der EU-Grundrechtecharta ging aber weit über das Thema Datenschutz hinaus. »Fast vier Jahre nach Vorlage unserer Strategie zur Umsetzung der EU-Grundrechtecharta können wir feststellen, dass sich in allen Organen und Einrichtungen der EU eine Grundrechtekultur verankert hat«, erklärte Reding. Die 2009 mit dem Vertrag von Lissabon in Kraft getretene Charta sei »zu einem echten Sicherheitsnetz für unsere Bürger und zur Richtschnur sowohl für die EU-Institutionen als auch für die Mitgliedsstaaten und die Justiz« geworden.

Als Beleg dafür führt Reding Tausende Anfragen von Bürgern und dem EU-Parlament zu Grundrechtsthemen sowie die vermehrte Bezugnahme auf die Charta selbst in Urteilen des Europäischen Gerichtshofes sowie nationaler Gerichte an. Davon, dass die Grundrechtecharta einmal etwas wie die »Bill of Rights« für die EU werden, sei man jedoch weit entfernt. »Wir bewegen uns in diese Richtung«, stellte Reding optimistisch fest. Noch sei dies aber eine Zukunftsvision.

Die derzeitige Bedeutung der Grundrechtecharta im Alltag zeigt sich etwa in Fragen der Geschlechtergerechtigkeit. Dass die nämlich noch lange nicht gegeben ist, stellte Reding im selben Atemzug fest. Frauen werden unter anderem noch immer um 16 Prozent pro Stunde schlechter bezahlt als Männer, sind öfter arbeitslos und seltener in Unternehmensführungen.

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