Geldrangliste statt Weltrangliste

Wolfgang Hübner über den Kommerz im Snooker-Sport

Snooker ist eine faszinierende Disziplin. Die hoch komplexe, gleichzeitig spannende Variante des Billards wurde im 19. Jahrhundert von gelangweilten britischen Kolonialoffizieren in Indien erfunden und entwickelte sich seitdem zum Volkssport auf den britischen Inseln. Außerhalb des Königreichs wurde Snooker in den vergangenen Jahren vor allem durch die TV-Übertragungen auf Eurosport populär.

Wer das einmal gesehen hat, weiß auch: Es ist - zumindest im Spitzenbereich - eine komplett durchkommerzialisierte Angelegenheit, bei der nicht nur die Spieler, sondern sogar die Schiedsrichter Werbeaufnäher durch die Gegend tragen. Damit das Geld noch üppiger sprudelt, hat der Geschäftsmann Barry Hearn, Chef des Welt-Snooker-Verbands, nun durchgesetzt, dass nach der gerade ablaufenden Weltmeisterschaft die Rangliste der Besten nicht mehr anhand der bei Turnieren erkämpften Punkte, sondern nach dem eingeheimsten Preisgeld sortiert wird. Das läuft in der Konsequenz auf eine Bevorzugung der gut verdienenden Elite hinaus - aber egal, Hauptsache, das Geschäft brummt. Und davon versteht Hearn etwas, denn er vermarktet neben Snooker auch die in Britannien beliebten und lukrativen Unterhaltungssparten Boxen, Bowling, Golf, Angeln, Darts, Bowls und Poker.

Aus der Weltrangliste wird im Snooker nun eine Geldrangliste ohne jede Verwässerung. Letztlich ist das im Kapitalismus nur konsequent - die Frage, wer der Beste ist, wird ersetzt durch die Frage, wer am meisten verdient. Der ganze Sportklimbim wird nach und nach Staffage, das Geld ist das Maß der Dinge, und das Ganze ließe sich nur dadurch steigern, dass neben den Turnier-Preisgeldern auch noch die Werbeeinnahmen der Spieler eingerechnet werden. Denn Vermarktung ist schließlich alles.

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