Renner: Snowden nicht in Moskau befragen

Politiker von SPD und CDU für Vernehmung in Russland - Opposition: Absurde Idee / Riexinger kritisiert Umgang mit dem Whistleblower als »schäbig«

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Berlin. Der stellvertretende Unionsfraktionschef Andreas Schockenhoff hat sich für eine Befragung Snowdens in dessen russischem Asyl ausgesprochen. »Wir sollten prüfen, ob es möglich ist, Snowden in Russland zu befragen, ohne dass der Geheimdienst den Wahrheitsgehalt seiner Aussage beeinflusst«, empfahl er in der »Welt«. Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, sagte der »Berliner Zeitung«, der Wert von Snowdens Aussage würde dadurch nicht geschmälert. Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz wies dies zurück. »Das ist ein absurder Vorschlag«, erklärte er im Kurznachrichtendienst Twitter.

Auch die Linkenpolitikerin Martina Renner lehnte den Vorschlag ab. »Dort ist weder freie noch umfassende Aussage möglich«, sagte sie auf Twitter. Der NSA-Untersuchungsausschuss vernehme seine Zeugen »öffentlich in Berlin und nicht unter Putin«. Renner sprach von einer »absurden Idee«. Gegenüber dem Deutschlandfunk sagte Renner am Freitagmorgen, Snowden könne in Russland wegen seiner Asylauflagen gar nicht frei und umfassend aussagen. Die Obfrau der Linksfraktion im NSA-Untersuchungsausschuss sagte zudem das Gesetz über den Untersuchungsausschuss verlange, dass das Parlamentsgremium öffentlich und in Berlin arbeite. Renner äußerte zudem Bedenken über die Lage der Grundrechte in Russland. Darum seien eine Befragung in Moskau oder eine Videoschalte kein Weg.

Der Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger hat den Umgang der Bundesregierung mit dem früheren Geheimdienstmitarbeiter und Whistleblower Edward Snowden als »schäbig« bezeichnet. »Die Anzweiflung seiner Integrität ist unwürdig«, sagte der Linkenpolitiker im Kurznachrichtendienst Twitter. Zuvor war der Entwurf einer Stellungnahme der Bundesregierung für den NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags bekannt geworden, in dem es heißt, eine Einladung des ehemaligen NSA-Mitarbeiters würde die außen- und sicherheitspolitischen Interessen der Bundesrepublik erheblich gefährden.

In einem Teil der Regierungs-Stellungnahme zu einer möglichen Befragung Snowdens in Deutschland ist zudem davon die Rede, dass den Mitgliedern des NSA-Untersuchungsausschusses in den USA gar eine Strafverfolgung drohen könne, wenn sie Snowden vernehmen. »Spiegel Online« berichtete dies unter Berufung auf ein Rechtsgutachten des Washingtoner Anwalts Jeffrey Harris.

»Ein Gefälligkeitsgutachten ist nicht das letzte Wort«, sagte Linkenchef Riexinger. Er kritisierte, dass die Bundesregierung in den USA ein Gutachten einhole, »das Abgeordneten mit Strafen droht, die Fakten über US-Ausspähung deutscher Bürger ermitteln«. Es wäre laut Riexinger »interessant zu wissen, wie viel Steuergeld für den empörenden Akt der Missachtung des Parlaments über den Atlantik geflossen ist.«

Erstmals seit Bekanntwerden des Abhörskandals ist Kanzlerin Angela Merkel bei US-Präsident Barack Obama. Inwieweit es auch um die Spionageaffäre geht, ist offen. Im Zentrum der Kurzvisite steht die Ukraine-Krise. Merkels Regierungsflieger landete am Donnerstagabend auf dem internationalen Flughafen der Hauptstadt Washington. Noch am Abend stand ein Treffen mit US-Senatoren auf dem Programm. Am Freitag kommt sie mit US-Präsident Barack Obama zusammen. Auch die Freihandelsverhandlungen zwischen der EU und den USA werden eine Rolle spielen.

Derweil hält sich die Bundesregierung die Entscheidung über eine Vernehmung Snowdens in Deutschland weiter offen. Entgegen anders lautender Medienberichte sagte Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) am Freitag im rbb-Inforadio, »es gibt mehrere Möglichkeiten, wie man Snowden vernehmen kann. Eine Entscheidung über die Modalitäten ist noch nicht gefallen.« Einzelheiten wolle er jetzt noch nicht nennen. Agenturen/nd

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