»Kamelhüter« ausgezeichnet

Indische Hirten kämpfen um Erhaltung ihres Kulturerbes

  • Hilmar König, Delhi
  • Lesedauer: 2 Min.

De Orden Marwar Ratna hat seinen neuen Preisträger: In der rajasthanischen Wüstenstadt Jodhpur wurden am Montag Ilse Köhler-Rollefson von der Liga für Hirtenvölker und nachhaltige Viehwirtschaft und Hanwanth Singh Rathore, Direktor der indischen Partnerorganisation Lokhit Pashu Palak Sansthan (LPPS) geehrt. Der Orden wird seit 1972 durch die namhafte Kulturinstitution Mehrangarh Museum Trust verliehen. Beide »Kamelhüter« leisteten einen außergewöhnlichen Beitrag zur Bewahrung und Förderung regionalen Kulturerbes. Sie sehen die Gefahr, dass das einheimische Wissen und die praktischen Erfahrungen, die die Basis der Kamelzucht bilden, allmählich verloren gehen. Die Auszeichnung ist eine Anerkennung für ihre Bemühungen um die Rettung der »Wüstenschiffe« und der Traditionen des nomadisierenden Hirtenvolkes der Raika.

Seit über 20 Jahren engagiert sich die Veterinärmedizinerin und Anthropologin auf diesem Gebiet und verbringt mehrere Monate im Jahr bei LPPS, den Nomaden und deren Dromedar-Herden in der Wüste Thar. Ihr Team behandelt kranke Tiere, setzt sich für Weiderechte und die Erhaltung des Lebensstils der Raika ein. Dabei geht es nicht nur um deren Existenzsicherung, sondern auch um die Bewahrung biologischer Vielfalt, Natur- und Umweltschutz sowie um Nahrungssicherheit. Die Weidegebiete werden immer stärker durch Industrie und Siedlungen zerstückelt und reduziert.

Traditionell verehrt die hinduistische Raika-Kaste das Kamel als heiliges Tier, das nicht geschlachtet wird. Es hilft dem Menschen im Agrar- und Transportwesen. Bei der größten Kamelmesse der Welt alljährlich im November in Pushkar verkaufen Züchter allerdings heutzutage immer mehr Tiere als Schlachtvieh. Bei der letzten Zählung im Jahre 2007 war der Gesamtbestand - 1982: eine Million - auf 500 000 Dromedare geschrumpft. 80 Prozent davon gibt es in Rajasthan. Der deutliche Rückgang des Bestandes beeinträchtigt das Leben der etwa 10 000 Raika, aber auch der rund 200 000 Inder, die mit Kamelerzeugnissen wie Wolle, Leder, Haar oder Milch ihren Lebensunterhalt verdienen.

Köhler-Rollefsons und Rathores Studien belegen, dass Kamele die beste Option für von Trockenheit betroffene Regionen ist. Ihr Weideverhalten führt nicht zum Überweiden. Ihre weichen Fußpolster minimieren Bodenerosion. Sie können mehrere Tage ohne Wasser auskommen.

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