Liebt doch alle, wen ihr wollt

Monbijoutheater spielt mit Shakespeares Wirrnissen

  • Lucía Tirado
  • Lesedauer: 4 Min.

Passt zum Fußball. Hin und wieder fallen Akteure wegen irgendwelcher Tücken aus. Gespielt wird trotzdem. Allerdings ohne Gedrängel auf der Ersatzbank. Hals über Kopf müssen sich Mimen in fremde Rollen stürzten. Die Gage ist nicht vergleichbar. Obwohl es heißt, dass heute ein Schauspieler des Hexenkessel-Ensembles auf dem nun in Monbijoutheater umbenannten »Spielfeld« von der Arbeit auch leben könne.

Ganz gute Schauspieler seien das, hört man von Christian Schulz, Geschäftsführer der Monbijoutheater GmbH. Er, der das Unternehmen, zu dem Clärchens Ballhaus, die Strandbar gegenüber dem Bode-Museum und das Café »Altes Europa« gehören, mit wirtschaftlichem Geschick über die Jahre brachte, hält beim Lob den Ball flach. Will die Komödianten wohl nicht übermütig machen. Sie bekommen schon den Applaus.

45 000 Besucher zählte das Amphitheater im vergangenen Sommer, 65 000 Besucher kamen in der vergangenen Wintersaison in die Märchenhütten. »Doch noch immer gründet sich der Zuspruch auf das Herumsprechen«, sagt Roger Jahnke, Schauspieler und künstlerischer Produktionsleiter. Gemeinsam mit Regisseur Jan Zimmermann gründete er 1994 das Hexenkessel-Ensemble, das für einen Hof in der Schönhauser Allee in Prenzlauer Berg zu stürmisch wurde und 1999 in den Monbijoupark in Mitte zunächst zwischen die Bäume und vor sieben Jahren in ein selbst gebautes Amphitheater zog, von wo es sich nicht mehr vertreiben ließ. Die Liebe des Publikums zu ihrem Volkstheater gab ihm die Kraft dafür.

Zunehmend auch politischer Wille des Bezirkes Mitte, der sich aktuell als rettend erweist. In der Monbijoustraße entsteht in früheren stadteigenen Immobilien eine sogenannte gehobene Wohnanlage. Von dort erschallte zunächst der Ruf »Die Künstler müssen weg«. Doch sie werden bleiben. Ein festes Haus - ein Rundbau aus Holz für Sommer wie Winter - soll entstehen. »Gefühlter Baubeginn in drei Jahren«, prognostiziert Schulz.

Jetzt feiert das Theater erst einmal sein Jubiläumsfest »20 Jahre Hexenkessel«. Ansonsten wird an fünf Tagen in der Woche vergnüglich Theater gemacht. Am frühen Abend »Wie es Euch gefällt«, danach »Der Sommernachtstraum«.

Sarah Kohrs führte Regie für »Wie es Euch gefällt« mit der Textfassung von Carsten Golbeck. Die Inszenierung setzt auf pointengespickte 90 Minuten. Engagiert gespielt werden die Verwirrungen um Liebesdinge und eine Horde schwer erziehbarer Hormone mit Herz in vierzehn Rollen in einem Wald aus Leitern (Bühne: David Regehr). Michael Schwager leidet leidenschaftlich als Orlando. Als seine Angebetete nimmt Rebekka Köbernick mit Verve die Hosenrolle auf sich (alternierend Anne Schramm). Als ihre liebste Freundin Celia wirken Benjamin Bieber oder Roger Jahnke rührend ungelenk weiblich.

Wütend Orlandos Bruder verkörpernd, sind Tobias Schulze und Torsten Schnier abwechselnd gleich gut. Liebt doch alle, wen ihr wollt, verheißen auch in anderen Rollen Doppelbesetzungen, u.a. beim amtierenden Melancholiker Jacques (Roman Kanonik/Roger Jahnke). Kaum zu ersetzen sind Vlad Chiriac als akrobatisch geschickter Narr Prüfstein, der sich auf Zauberkunststückchen verlegt, und Matthias Horn, der das Spiel in mehreren Rollen spürbar vorantreibt. Ina Gercke sprang schon für die verletzte Carsta Zimmermann in drei Rollen ein - und das prächtig.

»Der Sommernachtstraum« mit weiterem Liebesdurcheinander startete als Wiederaufnahme in überraschend anderem Bühnendickicht. Jan Zimmermanns Fassung ist sprachlich wie all seine Inszenierungen hintersinniger in eigener Shakespeare-Übersetzung. Neu auf die Bühne gebracht nun als kleiner Trost fürs Publikum, das von Zimmermann ungeduldig eine neue Inszenierung aus dem Werk des alten Meisters erwartet.

»Hamlet« rückt ab August als Drei-Personen-Stück in Regie von Gabriele Blum und Peter Kaempfe auf den Spätvorstellungsplatz. Und eine eintrittsfreie Alberto-Fortuzzi-Inszenierung gibt es schon am 6. Juli: »Mandragola« nach Machiavelli. Es wird vom Theaterkarren aus gespielt - im Stil des Gauklervolkes. Da geht dann der Hut ’rum. Gebt doch alle, was ihr wollt!

27.6., 19.30 Uhr, Jubiläumsfest, sonst Di-Sa 19.30 Uhr: »Wie es Euch gefällt«; 21.30 Uhr: »Der Sommernachtstraum«, www.monbijou-theater.de

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