Das Diktat der Anpassung

Kurt Stenger über 70 Jahre Bretton-Woods-Konferenz

Ihre jüngste Reise führte die Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, nach Mexiko. Dort lobte sie aktuelle Strukturreformen im Finanz-, Energie- und Telekomsektor. »Strukturreformen« ist im IWF-Sprech nach wie vor gleichbedeutend mit Liberalisierung und Deregulierung: Gerade Schwellen- und Entwicklungsländer müssen ihre Wirtschaft anpassen an die Zwänge des Weltmarktes und der Standortkonkurrenz um private Investoren.

Doch das war nicht immer so: Bei der heute vor 70 Jahren begonnenen Konferenz von Bretton Woods (US-Bundesstaat New Hampshire) - Geburtsstunde der UN-Sonderorganisationen IWF und Weltbank - wurde rund um den Dollar ein System fester Wechselkurse geschaffen, das in für eine stabile wirtschaftliche und soziale Entwicklung sorgte. Als die US-Regierung jedoch Anfang der 1970er Jahre ihre Währung freigab, war es vorbei mit der monetären Stabilität. Und IWF und Weltbank wurden immer einflussreicher: Wegen der wachsenden Zahl von Finanz- und Schuldenkrisen in schwachen Staaten - immer mehr Entwcklungs- und Schwellenländern suchten um Finanzhilfen nach, die es aber nur gab, wenn Strukturanpassungsprogramme geschlossen wurden.

Dass dies seit der Eurokrise auch im Norden praktiziert wird, wird im Süden mit gewisser Schadenfreude zur Kenntnis genommen. Dagegen ist auch nach dem Lehman-Crash die Diskussion über ein Bretton Woods II nicht vorangekommen. Statt dessen geht es um nationale Problemlösungen, an denen sich selbst die großen Zentralbanken die Zähne ausbeißen.

Trotz kleinerer Reformen - der IWF lässt vom Diktat der Anpassung einfach nicht ab. Die Chefin wird noch viele Länder be- und heimsuchen.

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