Arabischer Jugendlicher bei Jerusalem tot aufgefunden

Israelische Polizei prüft einen möglichen Racheakt

  • Lesedauer: 3 Min.

Jerusalem. Nach dem gewaltsamen Tod dreier jüdischer Jugendlicher ist am Mittwoch in einem Wald bei Jerusalem die Leiche eines jungen Arabers gefunden worden.

Der israelische Polizeisprecher Micky Rosenfeld sagte, es werde geprüft, ob es sich um einen Mord nach einer Entführung handle. Auch ein krimineller Hintergrund sei möglich, betonte er.

Israelische Medien sprachen von einem möglichen Racheakt rechtsgerichteter Israelis. Im arabischen Ostteil Jerusalems kam es zu Konfrontationen zwischen wütenden Einwohnern und der Polizei. Dabei wurden mehrere Menschen verletzt.

Am Vortag hatten Hunderte Demonstranten in Jerusalem Rache für den Mord an drei jüdischen Jugendlichen gefordert. Deren Leichen waren im Westjordanland gefunden worden. Israel macht die radikalislamische Hamas für die Tat verantwortlich. Bislang hat sich aber keine Palästinenserorganisation zu der Tat bekannt.

Nach palästinensischen Angaben wurde der 16-jährige Mohammed Abu Chedair aus dem Viertel Schoafat im arabischen Ostteil Jerusalems in der Nacht zum Mittwoch vor seinem Haus entführt. Unbekannte hätten ihn in ein weißes Fahrzeug gezerrt, berichteten palästinensische Medien. Ein Sprecher des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas verurteilte den Mord an dem Jugendlichen. Er sagte, Israel sei verantwortlich und müsse die Täter fassen.

Polizeisprecher Rosenfeld betonte jedoch, es sei noch unklar, ob es sich bei dem mutmaßlich Entführten und dem Toten um ein und dieselbe Person handle. »Wir prüfen auch noch, ob die Tat einen kriminellen oder einen nationalistisch motivierten Hintergrund hat«, sagte er. Die Leiche wies nach Medienberichten Brandspuren auf.

Der Jerusalemer Bürgermeister Nir Barkat verurteilte den Mord an dem Jugendlichen als »schreckliche und barbarische« Tat, wie die Zeitung »Jerusalem Post« berichtete. »Dies ist nicht unser Stil, und ich vertraue darauf, dass unsere Sicherheitskräfte die Täter fassen werden. Ich rufe alle zur Zurückhaltung auf.«

Die am 12. Juni entführten und ermordeten jüdischen Jugendlichen im Alter von 16 bis 19 Jahren waren am Dienstag im Beisein von Tausenden Trauernden in Modiin begraben worden. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte bei dem Begräbnis: »Eine tiefe moralische Kluft trennt uns und unsere Feinde. Sie halten die Grausamkeit heilig und wir das Mitgefühl.« Dies sei das Geheimnis der Stärke Israels. »Sie halten den Tod heilig und wir das Leben.«

Netanjahu versammelte am Dienstagabend sein Sicherheitskabinett zu einer Beratung über das weitere Vorgehen gegenüber Hamas. Eine Stellungnahme über mögliche Entscheidungen gab es anschließend nicht. »Es wird nicht geredet«, sagte Netanjahus Sprecher Mark Regev am Mittwoch. Vor der Sitzung hatte Netanjahu eine Fortsetzung der harten Maßnahmen gegen Hamas angekündigt. »Wir werden die Mörder fassen und alle, die an der Entführung beteiligt waren«, sagte er.

Auch Abbas hatte am Dienstagabend die Palästinenserführung zu einer Sondersitzung versammelt. Nach Angaben seines Sprechers dauerten die Beratungen bis in die frühen Morgenstunden am Mittwoch an. Es sei dabei um das israelische Vorgehen in den Palästinensergebieten nach der Entführung gegangen - die Tötung von sechs Palästinensern, Massenfestnahmen und Häuserzerstörungen.

In einem Dorf bei Hebron zerstörte die israelische Armee das Haus eines Palästinenser, dem der Mord an einem israelischen Polizeioffizier vorgeworfen wird. dpa/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal