Guter Fußball, viele Fans, wenig Geld
Folge 38 der nd-Serie »Ostkurve«: Vier Trainer - vier Fragen zur Dritten Liga
nd: Die Dritte Liga geht in ihre siebte Saison, der DFB sieht sie als etabliert an. Kann man in dieser Liga dauerhaft wirtschaftlich überleben, oder muss zumindest mittelfristig der Aufstieg in die zweite Liga angepeilt werden?
Krämer: Man »überlebt« in jeder Spielklasse dann, wenn man nur das ausgibt, was man einnimmt. Das ist einfache kaufmännische Überlegung, bei der schwer kalkulierbare Faktoren wie Ergebnisse, Zuschauerinteresse und selbst das Wetter zweifellos eine Rolle spielen. Das Streben nach maximalem Erfolg führt bei manchem leider dazu, dass eingegangene Risiken bei der Planung mitunter höher sind als verbriefte Einnahmen. Der FC Energie arbeitet allerdings seit vielen Jahren absolut seriös und steckt uns im sportlichen Bereich einen Rahmen ab, in dem wir uns bewegen, und den wir nicht sprengen.
Heine: Es ist sicherlich nicht einfach für die Vereine, Jahr für Jahr diese 3. Liga finanziell zu stemmen Es gibt so zwei, drei Vereine, denen es sicherlich ein bisschen besser geht. Aber insgesamt ist die Liga finanziell nicht gut aufgestellt. Man sieht, welchen finanziellen Aderlass die Mannschaften aus der 2. Liga hinnehmen müssen, wenn sie absteigen. Und deshalb ist es sicherlich auf Dauer aus Chemnitzer Sicht notwendig, dass wir mittelfristig in die 2. Liga aufsteigen.
Vollmann: Natürlich ist es für den F.C. Hansa Rostock, der die infrastrukturelle Voraussetzung eines Bundesligisten hat, eine große finanzielle Herausforderung. Gerade in wirtschaftlicher Hinsicht klafft beispielsweise hinsichtlich der TV-Einnahmen eine viel zu große Lücke zwischen der 3. Liga und der 2. Bundesliga. Rein sportlich hat die 3. Liga ein hohes Niveau und stößt bei den Fans auf großes Interesse. Das zeigt schon die starke Zunahme der Liveübertragungen in öffentlich-rechtlichen Sendern. Für die 3. Liga wäre es schön, wenn es der DFB schafft, einen Ligasponsor zu gewinnen.
Kogler: Die 3. Liga hat sportlich absolut ihre Berechtigung und wird von den Fans angenommen. Die Infrastruktur in den Vereinen wird jedes Jahr besser. Auf den Vereinen lastet aber hoher finanzieller Druck und es ist schwierig auf Dauer ein gesichertes Budget für die 3. Liga aufzustellen. Schon allein aus diesem Grund erachten viele Vereine den Aufstieg in die 2. Bundesliga als den auf Sicht einzig gangbaren Weg. Rot-Weiß Erfurt bildet da keine Ausnahme.
Der WM-Titel wird auch mit der Nachwuchsarbeit unterhalb der ersten beiden Ligen in Verbindung gebracht. Wird sich dieser auch für die Dritte Liga auswirken?
Krämer: Kurzfristig wohl kaum. Es ist ein Prozess, der in Deutschland vor einigen Jahren eingesetzt hat und von dem die Nationalmannschaft und auch die Vereine profitieren. Die Ausbildung in den Leistungszentren ist sehr gut und komplex, sie bringt jedes Jahr viele Talente in den Profibereich. Die dritte Liga ist für junge Spieler eine gute Plattform, um die ersten Schritte im Männerbereich zu machen: Auf hohem Niveau mit großer Zuschauerresonanz und viel Brisanz.
Heine: So eine WM euphorisiert ja die Massen, wie wir gesehen haben. Und jetzt folgen in dieser 3. Liga sehr attraktive Spiele. Die Liga hat in den letzten Jahren an Qualität zugenommen. Hinzu kommt, dass viele Vereine die U23-Mannschaften abmelden: Das ist eine Riesenchance für junge Spieler, den Übergang in den Männerbereich in dieser Liga mit anzugehen. Dieser Übergang ist ja der schwierigste für junge Spieler, nicht jeder schafft es ja sofort in die 1. oder 2. Liga.
Vollmann: Der F.C. Hansa Rostock ist vor kurzem vom DFB wieder mit drei Sternen für seine Nachwuchsarbeit ausgezeichnet worden, und wir werden auch in Zukunft alles daran setzen, hier das Niveau noch zu verbessern. Toni Kroos ist bei uns ausgebildet worden und darf sich nun »Weltmeister« nennen. Darauf sind wir sehr stolz.
Kogler: Die Bundesliga und auch die Nationalmannschaft profitieren von einer starken 3. Liga, die ihrem Ausbildungsauftrag gerecht wird.
Nach den Abstiegen von Cottbus und Dresden spielen in der neuen Saison gleich sechs Vereine aus dem NOFV-Bereich in der Dritten Liga. Ist das eher positiv, oder sehen Sie da auch negative Folgen wie verstärkte Konkurrenz um Spieler oder Sponsoren?
Vollmann: Die 3. Liga ist hinsichtlich namhafter Traditionsvereine sehr stark besetzt. Die Fans dürfen sich quer über die Ligalandkarte auf Spitzenduelle freuen, das sorgt doch noch für zusätzlichen Reiz! Gerade die Prestigeduelle können es locker mit denen der 2. Liga aufnehmen. Die Liga besteht größtenteils aus fanorientierten Klubs, was die Attraktivität noch steigert.
Heine: Zunächst ist es sehr schade, dass Mannschaften wie Cottbus oder Dresden, aber auch zuvor Rostock, die über Jahre im oberen Profifußball vertreten waren, aus der 2. Liga abgestiegen sind. Das ist für den Osten Deutschlands sehr, sehr schade, das muss man einfach bedauern. Die andere Seite sind die wirklich interessanten Derbys und Klassiker, die jetzt anstehen. Diese ganzen sogenannten Ost-Derbys werden im Fernsehen live übertragen. Das zieht natürlich die Zuschauer an, da kommen bei dem einen oder anderen sicherlich Erinnerungen hoch, aber viele Fans sind ja nun auch langsam nachgewachsen. Die Tradition bleibt dort aber erhalten, und das hat schon einen besonderem Reiz.
Krämer: Es gibt doch nichts Schöneres, als Derbys zu spielen. Die Aufmerksamkeit ist größer, die Fans sind emotionaler, die Motivation ist kaum zu toppen. Da wir die Zusammensetzung der Liga nicht beeinflussen können, nehmen wir es so, wie es kommt. Ich sehe keine negativen Folgen: Der Fußball ist längst global aufgestellt, bei der Suche nach Spielern sind regionale Aspekte deshalb zweitrangig. Die Dritte Liga ist für viele Beobachter attraktiver denn je .
Kogler: Konkurrenz beflügelt das Geschäft. Ich sehe das positiv.
Mit welchem Saisonziel gehen Sie und Ihre Mannschaft in die Spielzeit 2014/15?
Kogler: Wir streben das erste Tabellendrittel an.
Vollmann: Wir wollen zunächst unsere Fans wieder mit ins Boot holen, die zuletzt vor allem in den Heimspielen nicht gerade verwöhnt wurden. Auf Basis einer gut strukturierten Defensive wollen wir unser Spiel aufziehen und egal ob daheim oder auswärts die nötigen Punkte einfahren. In der Liga wird es eine sehr breite Spitze geben, die meiner Meinung nach aus zehn bis zwölf Mannschaften bestehen kann.
Heine: Wir haben einen relativ großen Umbruch vollzogen. Zuerst ist oberstes Ziel, schnellstmöglich 45 Punkte zu bekommen, um nicht in den Abstiegsstrudel am Ende der Saison reinzurutschen. Nach zehn Spielen kann man sehen, wohin es geht.
Krämer: Wir geben kein konkretes Ziel aus, nur dieses: Jedes Spiel anzugehen, als handle es sich um ein Pokalspiel mit Finalcharakter. Bis Mai 2015 kann soviel passieren, dass eine genaue Platzierungsprognose unseriös wäre.
Interview: Stephan Fischer
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