NSA plant automatische Cyberkrieg-Software

Snowden enthüllt in einem Interview die Software »MonsterMind«

  • Lesedauer: 3 Min.
Edward Snowden hat in seinem russischen Asyl keine NSA-Dokumente mehr - aber sein Wissen im Kopf. Dem Magazin »Wired« erzählte er von einer Software für den Cyberkrieg und wie die NSA aus Versehen das syrische Internet abschaltete.

Washington. Der US-Geheimdienst NSA arbeitet nach Angaben des Whistleblowers Edward Snowden an einem Cyberkriegs-Programm, dass ohne menschliches Zutun auf digitale Angriffe reagieren kann. In einem Gespräch mit dem US-Magazin »Wired« sagte Snowden, die Software namens »MonsterMind« (Monstergehirn) suche automatisiert nach Anzeichen für einen digitalen Angriff aus dem Ausland. Das Programm solle verhindern, dass solche Angriffe Schaden in den USA verursachten, hieß es in dem am Mittwoch veröffentlichten »Wired«-Artikel. Die NSA ist auch dafür zuständig, die Computersysteme der US-Regierung zu schützen. Die Software könne allerdings eines Tages derart weiterentwickelt werden, dass sie automatisch zurückschießt, schrieb »Wired«.

Snowden bezeichnete das Programm als eine massive Bedrohung für die Privatsphäre der Amerikaner, da es notwendig wäre, sämtliche Datenkommunikation zu überwachen, die in die USA gelange. Diese Überwachung gelte »für Jeden, für immer«, zitierte »Wired« den früheren Geheimdienstler Snowden.

Das Wissen über »MonsterMind« habe seine Entscheidung beschleunigt, an die Öffentlichkeit zu gehen, sagte Snowden. Ein weiterer Auslöser sei ein NSA-Programm gewesen, bei dem Informationen über den Porno-Konsum »politischer Radikaler« gesammelt worden seien, um diese gegebenenfalls zu kompromittieren.

Snowden lebt seit seinen Enthüllungen über weltweite Spähprogramme des US-Geheimdienstes NSA und seiner westlichen Partner im Asyl in Russland.

Vor seiner Flucht aus Hawaii habe er den NSA-Ermittlern eine Spur aus »digitalen Brotkrumen« hinterlassen, mit Hilfe derer sie erkennen sollten, welche Dokumente er mitgenommen und welche nur angesehen habe. Damit habe er ihnen zeigen wollen, dass er kein gegnerischer Agent sei, sondern ein Informant, der die Öffentlichkeit über Missstände informieren wolle. Stattdessen sei die NSA davon ausgegangen, er habe alle angewählten 1,7 Millionen Dokumente mitgehen lassen. In Wirklichkeit habe er viel weniger Unterlagen kopiert, sagte Snowden. Eine Zahl wird in dem Artikel nicht genannt.

Der Artikel dürfte auch Spekulationen anheizen, dass es einen weiteren Informanten in der NSA gibt. »Wired«-Autor James Bamford schrieb, er habe vor dem Interview Zugang zu den kompletten Snowden-Dokumenten gehabt und habe dort einige der veröffentlichten Papiere nicht finden können.

»Ich bin ein Softwareentwickler, kein Politiker«, sagte Snowden »Wired«. Er wolle die Bühne nicht und halte sich deshalb mit persönlichen Details zurück. Er wolle Politikern keine Chance geben, durch Attacken gegen ihn von einer sehr wichtigen Sache abzulenken.

Snowden sagte unter Berufung auf einen Geheimdienstoffizier, der ihm das erzählt habe, dass ein massiver Internet-Ausfall in Syrien während des Bürgerkrieges 2012 von der NSA ausgelöst worden sei. Hacker des US-Dienstes hätten einen Router eines der größten Internet-Anbieters des Landes anzapfen wollen, um Zugang zu nahezu allen E-Mails und anderem Internet-Datenverkehr zu bekommen. Doch irgendetwas sei schiefgegangen und das Gerät stattdessen unbrauchbar geworden. dpa/nd

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