Polizist im Zwiespalt

LESEPROBE

  • Lesedauer: 2 Min.

Ich lernte Rudolf Höll vor 24 Jahren in meinem letzten Dienstjahr als Volkspolizist im Präsidium der Volkspolizei Berlin kennen. Als Stellvertreter des Stabschefs des Präsidiums der VP war er mit seinen langjährigen Erfahrungen in verschiedenen Dienststellungen und Aufgabenbereichen sowie mit seiner hohen Kompetenz und Qualifikation eine wesentliche Stütze für die Leitung dieser großen Polizeibehörde ...

Nun liegt sein autobiografisches und zugleich zeitgeschichtliches Werk vor ... Er verdeutlicht, wie sich in den 40 Jahren seines Dienstlebens politische und gesellschaftliche nationale und internationale Ereignisse auf das Denken und Handeln der Volkspolizisten ausgewirkt haben. Aber auch, wie sich daraus insbesondere in den 80er Jahren auch Zweifel an der Richtigkeit der Politik der SED, fokussiert auf die Person Erich Honecker, erwuchsen, die aber aufgrund von Disziplin und Loyalität verdrängt wurden.

Über den »Tellerrand« der Polizei hinausschauend, spricht er auch über Unzulänglichkeiten in der gesellschaftlichen Entwicklung und versucht, die Ursachen für das Scheitern der DDR zu analysieren. Den absolutistischen Führungsanspruch und die Reformverweigerung durch die SED-Führung sieht er letztlich als eine wesentliche Ursache dafür, dass die Entwicklung des gesellschaftlichen Lebens in der DDR stagnierte und sich 1989 zunehmend ein Widerspruch zwischen SED und Staatsmacht, darunter auch die VP, auf der einen und der Bevölkerung auf der anderen Seite entwickelte ...

Der Zeitabschnitt in der Geschichte der Volkspolizei Berlins 1989/1990 war auch für ihn (Höll, d. R.) ein sehr bewegter und zugleich komplizierter. In dieser Zeit bewegte sich die VP Berlins in ihrem Handeln in einer Phase von grundsätzlichen und gegensätzlichen Extremen: Die Volkspolizei war Teil der Bevölkerung, zugleich aber auch ein Machtorgan der politischen Führung und von dieser aufgefordert, die innere Sicherheit und Ordnung und damit die bestehenden Machtverhältnisse aufrechtzuerhalten. In diesem Zwiespalt agierte sie damals.

Aus dem Vorwort von Dirk Bachmann zum Buch von Rudolf Höll »Mein Lebensweg. 40 Jahre im Dienst der deutschen Volkspolizei« (Verlag am Park, 376 S., br., 19,95 €).

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