Knappe Zeit drängt zu neuen Verhandlungen

Während die Kairoer Gespräche über die Feiertage ruhen, gibt es gewaltsame Proteste in Jerusalems Altstadt

  • Oliver Eberhardt
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Gaza-Gespräche sind am Dienstag nach wenigen Stunden auf Oktober vertagt worden. Palästinenserpräsident Abbas will der UNO einen Zeitplan für neue Friedensverhandlungen vorlegen.

Die Zeit drängt, da sind sich alle Seiten einig: Nicht oft, aber immer wieder mal heulen in den israelischen Kommunen an der Grenze zum Gaza-Streifen die Sirenen; meist ist es falscher Alarm. Manchmal schlägt auch jetzt, gut einen Monat nach dem Ende des Gaza-Krieges, eine Rakete ein, abgeschossen, da sind sich alle Beteiligten ebenfalls einig, von kleinen Kampfgruppen, die unzufrieden mit der Situation sind. Denn nicht nur wurde die Blockade bislang nur zu einem Teil aufgehoben: Auch die innenpolitischen Verhältnisse sind unübersichtlich: Offiziell regiert die Regierung in Ramallah, doch das bedeutet auch, dass all jene, die auf Zahlungen der Hamas bauen konnten, nun kein Geld mehr bekommen. Und auch in Ost-Jerusalem, im Westjordanland brodelt es. Immer wieder kommt es zu Ausschreitungen zwischen palästinensischen Jugendlichen und israelischen oder palästinensischen Sicherheitskräften. Nachdem am Dienstag bekannt wurde, dass Israels Geheimdienst zwei Jugendliche getötet hat, die für die Entführung der drei israelischen Jugendlichen im Juni verantwortlich gemacht werden, konnte die Jerusalemer Polizei die Menge in der Altstadt nur mit großer Mühe unter Kontrolle halten.

Palästinensische Demonstranten warfen einer Polizeisprecherin zufolge Steine, Knallkörper und Brandflaschen auf die Beamten und verletzten mehrere. Die Polizei hätte die Demonstranten in die Al-Aksa-Moschee gedrängt und danach alle Zugänge zum Tempelberg gesperrt.

Die Zeit drängt also, doch alle Beteiligten lassen es ruhig angehen. Am Dienstag gab es erstmals seit Kriegsende wieder offizielle, indirekte Gespräche zwischen israelischen Verhandlern und einer gemeinsamen Delegation aus Hamas, Fatah und Islamischem Dschihad. Gleichzeitig nahmen in Kairo Funktionäre von Hamas und Fatah ihre Gespräche über die Zukunft der Einheitsregierung wieder auf, die man im Juni vereinbart hatte und die seitdem nur teilweise umgesetzt worden war - weil Krieg herrschte. Aber auch, weil es zwischen beiden Fraktionen nach wie vor heftig kracht: Die Hamas fordert, dass die mehr als 40 000 Angestellten bezahlt werden, die bis Juni bei ihrer Regierung in Lohn und Brot standen. Die Fatah macht dies von einer vorherigen Unbedenklichkeitsprüfung abhängig. Kein Geld soll an die Hamas fließen, so haben es die USA, aber auch die europäischen Geldgeber fest gelegt.

Die Verhandlungen zwischen Israel und Palästina dauerten weniger als einen Tag, bevor sie auf die Zeit nach den hohen jüdischen Feiertagen, die am Donnerstag beginnen, vertagt wurden. Fest gelegt wurden dabei nur die künftigen Themen: Der Bau eines Seehafens, die Inbetriebnahme des weitgehend zerstörten Flughafens von Gaza sind dabei. Und auch die Ausweitung der Fischereizone, die Mechanismen, mit denen sichergestellt werden soll, dass Hilfen für den Wiederaufbau nicht für die militärische Aufrüstung der Kampfgruppen verwendet werden.

Offiziell lehnen israelische Regierungspolitiker die Einheitsregierung nach wie vor vehement ab. Doch den politischen Widerstand dagegen hat Israel mittlerweile nahezu vollständig aufgegeben. Man möchte, dass Ramallah die Kontrolle in Gaza übernimmt, aber das geht nur, wenn die Hamas dabei mitspielt.

Dabei gerät Israels Regierung aber nun auch selbst unter Druck. In den kommenden Tagen will Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in New York einen Zeitplan für die Aushandlung eines Friedensvertrages mit Israel vorlegen, und er hofft darauf, dass die internationale Gemeinschaft Israel dazu zwingen wird, diesem Zeitplan zuzustimmen: »Wir haben gesehen, dass Verhandlungen mit offenem Ende keinen Sinn machen, weil es keine Anreize gibt, sie auch zu dem Ende zu bringen, das wir alle brauchen«, sagte er am Dienstag.

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