Keine Ruhe in Hongkong

Klaus Joachim Herrmann über die chinesischen Studentenproteste

  • Klaus Joachim Herrmann
  • Lesedauer: 1 Min.

Peking war in Hongkong stets an größtmöglicher Ruhe gelegen. Wie keine andere zeugt davon die stets neu beschworene Formel »Ein Land, zwei Systeme«. Sie sollte der Befriedung dienen. Nun hat sich aber genau dieser auf den ersten Blick kompromissbereite Ansatz als explosiv erwiesen. Die Vermischung zweier Systeme nährt den Konflikt: Ein Ja gilt der freien Wahl des Verwaltungschefs, doch die Kandidaten werden zensiert.

Gegen diesen Widerspruch sind die Studenten auf den Straßen, um ihn zu überwinden. Sie wollen die ganze Wahl. Dabei gewährt ihnen ein Vierteljahrhundert danach ausgerechnet der Tiananmen Schutz. Ein solches Vorgehen gegen Proteste wie 1989 kann unmöglich im Interesse Pekings liegen. Drohungen und Ultimaten führen von Lösungen weg.

Denn das wohlhabende und prosperierende Hongkong, das die britische Kolonialherrschaft hinter sich ließ, ist ein Sonderfall. Die Stadt liegt irgendwo zwischen den Systemen und ist gerade bei Wahlen weiter als das Mutterland. »Wir wollen kein Chaos in Hongkong«, versicherte dessen Verwaltungschef. Man sollte ihm getrost glauben, er schaut dabei auch nach Peking. Die Anhänger der Ruhe haben durchaus noch eine Mehrheit - nicht nur in Hongkong. Doch bis der Formelkompromiss zu Ende gedacht und gebracht ist, wird die Unruhe wohl andauern.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal