Keine Angst vor Wölfen

Champions League: Der FC Bayern München demütigt den AS Rom in dessen Stadion

  • Tom Mustroph, Rom
  • Lesedauer: 4 Min.
Der Abend im Olympiastadion Rom erinnerte ein wenig an das WM-Halbfinale zwischen Deutschland und Brasilien: Zur Pause führten die Bayern bereits 5:0, am Ende stand es 7:1.

Der FC Bayern zeigt, wie man aufstrebenden Rivalen den Schneid abkauft. Als gefährlichsten Gegner in der sogenannten Todesgruppe hatte Bayernchef Karl-Heinz Rummenigge den AS Rom vor dem Spiel am Dienstag bezeichnet. Am Abend des Tages rieb sich nicht nur Rummenigge die Augen: Mit 7:1 zermalmten die Angestellten seiner AG den Gastgeber. Und man durfte sich fragen: Wollte der Italienkenner an der Bayernspitze vorab nur höflich zu den Gastgebern sein? Hatten die Spieler große Freude daran, die Kompetenz ihres Anführers in Frage zu stellen? Oder hatte Rummenigge im Motivationsspiel gegen in dieser Saison bislang sehr überzeugende Römer einfach nur die richtige Karte gezogen?

Bayern-Kapitän Philipp Lahm hatte eine verblüffend einfache Erklärung bei der Hand: »Unser Trainerstab hat uns fantastisch auf dieses Spiel eingestellt. Sie haben den Gegner gut analysiert und uns gesagt, wo wir Räume haben und wie wir verteidigen müssen.« Räume gab es vor allem auf rechts, wo Arjen Robben Roms Linksverteidiger Ashley Cole das ganze Gewicht von dessen fast 34 Lebensjahren spüren ließ und süße Revanche für Coles Teilnahme am verlorenen Champions League-Finale 2012 gegen Chelsea nahm. Robben erzielte nach unwiderstehlichem Dribbling das frühe 1:0, das auch nach Meinung von Bayerntrainer Pep Guardiola dem Abend die Richtung vorgab. »Das frühe Tor hat uns sicherlich geholfen«, meinte der Katalane. Robben erzielte auch das 4:0 nach einem Vorstoß über rechts.

Dass die Bayernprofis die von Guardiola entwickelte Theorie so gut in die Praxis umsetzen konnten, lag Philipp Lahm zufolge am Faktor Zeit. »Wir sind jetzt einen Schritt weiter als im letzten Jahr, und das trotz der nur kurzen Pause nach der WM. Das liegt daran, dass wir schon mehr als eine Saison zusammenspielen. Wir sind auf taktischem Niveau besser geworden. Wir können schneller umstellen. Das haben wir auch heute gezeigt«, sagte Lahm zufrieden.

Auch ihn ereilte am Dienstagabend die Erinnerung an das WM-Halbfinale von Belo Horizonte. »Auf dem Platz habe ich nicht daran gedacht, hinterher aber schon. Wenn man mit 5:0 in die Pause geht und dann mit 7:1 das Spiel beendet, denkt man sicher an Gemeinsamkeiten«, erzählte er. Im Unterschied zum Brasilienspiel hielt in Rom aber das Publikum im mit über 62 000 Menschen besetzten Olympiastadion seinen Protagonisten die Treue. Trotzig sangen die Rom-Fans, dass sie in diesem Jahr Meister werden. Von europäischen Ehren träumten sie nach der Schlappe nicht mehr.

Die Bayern wirkten nach dem Kantersieg bereits ganz auf ihre nächste römische Etappe eingestellt. Noch in der Nacht vor dem Besuch bei Papst Franziskus traten sie regelrecht demütig auf. Zwar kommentierten sie selbstbewusst ihre Leistungen, aber sie verwiesen auch auf Fehler, wie etwa zu Beginn der zweiten Halbzeit, als sie etwas die Konzentration verloren hatten. »Aber das ist menschlich. Du nimmst dir zwar vor, nicht nachzulassen nach der Pause. Aber dennoch gehst du mit einem 5:0 im Hinterkopf wieder auf den Platz«, meinte Lahm. Für dauerhaft unbesiegbar hielten sich er und seine Kollegen jedenfalls nicht. »Wir müssen beim Rückspiel aufpassen. Wenn man ein Spiel so hoch gewinnt, sollte man gegen den gleichen Gegner ganz besonders achtgeben«, meinte Linksverteidiger David Alaba. Und Roms Sportdirektor Walter Sabatini schickte schon erste Warnsignale. Er gab zwar zu, dass seine »Wölfe« sich am Abend eher wie Kätzchen verhalten hatten, so furchtsam traten sie gegenüber den Bayern auf. Er sann aber auf Revanche und meinte: »Bayern sollte aufpassen, auch in München laufen Wölfe frei herum.« Der Wolf ist das Symboltier der Römer. Und Trainer Rudi Garcia hat seine Spieler mit dieser Metapher zur zweiten Kraft im italienischen Fußball gemacht.

Für Europa reicht die zweite Kraft in Italien freilich nicht. »Lichtjahre« sahen italienische Medien zwischen ihren Kickern und den Bayern. Die setzen ihren Weg als globale Führungskräfte weiter fort. Und wenn jetzt noch die Gloriole vom Papstbesuch dazu kommt, können ihnen profane Wölfe und anderes Getier wohl nichts mehr anhaben.

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