Piraten machen gegen Bilderberger mobil

Unmittelbar vor dem G7-Gipfel auf Schloss Elmau findet im nahen Österreich die Konferenz der Weltenlenker statt

  • Rudolf Stumberger
  • Lesedauer: 4 Min.
Bayern und Österreich rüsten sich für zwei im nächsten Sommer anstehende Konferenzen. Die Opposition kritisiert die hohen Kosten des G7- und des Bilderberg-Treffens.

Die bayerischen und Tiroler Berge werden im kommenden Juni zum Treffpunkt der Mächtigen und Reichen der Welt. Und der Steuerzahler darf es bezahlen. Wer wissen will, warum die deutsche Bundesregierung den G7-Gipfel auf Schloss Elmau bei Garmisch im Juni um drei Tage verschoben hat - was etliche Millionen Euro kostet - kann Regierungssprecher Steffen Seibert getrost glauben. Der hatte getwittert, der Wunsch nach der Verschiebung sei von einem Gast geäußert worden. Was Seibert nicht sagte: Zeitgleich zum ursprünglichen Termin findet im 35 Kilometer entfernten Telfs in Tirol allem Anschein nach die berühmt-berüchtigte Geheimkonferenz der Bilderberger statt. Jetzt passt es terminlich auch für diejenigen, die beide Treffen besuchen wollen.

Ursprünglich sollte das Treffen der Regierungschefs von Deutschland, Frankreich, Japan, Italien, Kanada, Großbritannien und den USA in Elmau am 4. Juni 2015 beginnen, jetzt tagen die Politiker erst ab dem 7. Juni. Was logistisch einigen Aufwand mit sich bringt. Müssen doch die rund 10 000 Betten, die für die Sicherheitskräfte gebucht wurden, umgebucht oder verlängert werden. Und auch die 5000 Journalisten, die zum Gipfel erwartet werden, müssen sich um neue Quartiere kümmern. Ob es so bei den rund 80 Millionen Euro bleibt, die der (damals noch G8) Gipfel in Heiligendamm im Jahr 2007 gekostet hat, bleibt fraglich. Seinerzeit waren 17 000 Polizisten im Einsatz gewesen.

Für die Oberländer Trachtler jedenfalls stellte die Verschiebung ein großes Problem dar. Wollten sich doch just 7. Juni rund 3000 Mitglieder zum 110-jährigen Jubiläum des Mittenwalder Gautrachtenfestes treffen. Wegen der zu erwarteten weiträumigen Straßensperren und Personenkontrollen ist das aber wohl kaum zu realisieren. Jetzt haben die Trachtler das Fest auf den 31. Mai vorverlegt. »Wir können uns aufregen oder nicht, das nützt uns nichts«, sagt Josef Mayr, 1. Gauvorstand, »der Obama richtet sich nicht nach dem Gaufest«.

Warum der G7-Gipfel verschoben wurde, möchte Katharina Schulze, Landtagsabgeordnete der Grünen im bayerischen Landtag, von der Landesregierung in einer schriftlichen Anfrage genauer wissen: »Warum wurde der Termin verschoben, wie wirkt sich das auf die bisherigen Planungen und Kosten aus und wer hat wann davon erfahren?«, so die Fragen der Politikerin. Eine Antwort hat sie bisher allerdings noch nicht erhalten.

Da geht es ihr wie Irene Labner von der Tiroler Piratenpartei. Die wollte von der österreichischen Bundesregierung wissen, was es denn mit dem Treffen der Bilderberger in Tirol auf sich habe und was das wiederum koste: »Die Tiroler Tageszeitung spricht davon, dass uns 2015 der größte Polizeieinsatz in Tirol bevorsteht - das besorgt uns sehr, vor allem im Hinblick auf den Kostenrahmen. Die Einsatzkräfte werden ja durch Steuergeld bezahlt, daher würden wir im Sinne der Kostentransparenz darum bitten, dass man uns eine etwas konkretere Zahl als die in den Medien kolportierte ›Millionenhöhe‹ nennt.« Auch Irene Labner hat bisher keine Antwort auf ihre Anfrage bekommen: »Das verwundert mich, denn die österreichischen Ministerien sind sonst immer sehr kooperativ in Sachen Bürgeranfragen.«

Bei der Landespolizeidirektion Tirol hieß es zum Thema geheime Tagung, dass man zwar »davon wisse«, aber noch nichts Genaues zu den sicherheitspolizeilichen Anforderungen sagen könne. Man werde sich jedenfalls im Vorfeld entsprechend vorbereiten. Der polizeiliche Aufwand werde auch davon abhängen, ob Demonstrationen angemeldet würden, erklärte ein Polizeisprecher gegenüber der österreichischen Pressagentur APA.

Die Tiroler Piraten wollen auf jeden Fall ihren Protest äußern. »Die Intransparenz der Bilderberggruppe und die hohen Kosten für den Steuerzahler empfinden wir als inakzeptabel - wir Bürger erhalten ja nicht einmal im Anschluss an das Bilderbergtreffen Informationen über die Inhalte und Ergebnisse der Gespräche«, so die Labner.

Derzeit ist die Partei dabei, eine Protestaktion zu initiieren, gemeinsam mit parteilosen Kritikern, NGOs, sowie anderen Aktivisten. Einige kreative Protestaktionen seien in Planung. Ein Ziel der Aktionen benennt Labner: »Wir versuchen, die Bilderbergkritik aus der Verschwörerecke herauszuholen. Viele Menschen betrachten die Bilderbergtagungen als sehr zweifelhaftes Vergnügen von Eliten - leider trauen sie sich oft nicht, ihren Protest offen auszusprechen, da sie befürchten, in die Schublade der ›Verschwörungstheoretiker‹ gesteckt zu werden.«

Die geheime Bilderberg-Konferenz findet alljährlich im Frühsommer an verschiedenen Orten statt. Der Name geht zurück auf das erste Treffen im Jahr 1954 im Hotel Bilderberg im holländischen Oosterbeck, bei dem hohe Herren über die NATO und den Warschauer Pakt diskutierten. Die Konferenz dauert drei Tage und ist ein privates Treffen von rund 120 Reichen und Einflussreichen aus den USA und Europa zu einem ungezwungenen Meinungsaustausch. Wer eingeladen wird, darüber entscheidet ein Leitungsgremium.

Worüber die Teilnehmer auf dieser Konferenz sprechen, ist nicht für die Öffentlichkeit gedacht. In Telfs fand bereits im Juni 1988 eine Bilderbergkonferenz statt. Auch in diesem Jahr sind um diese Zeit die Zimmer im noblen Interalpenhotel Tyrol, das ähnlich abgeschieden wie Schloss Elmau in den Bergen liegt, ausgebucht.

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