Die falschen Fans gejagt

Die Politik baute die Ultras zur großen Bedrohung auf, so konnten es die Hooligans jetzt wieder werden, meint Alexander Ludewig

V-Männer in Fankurven? Nichts Neues. Anfang 2013 gab Nordrhein-Westfalen als erstes Bundesland zu, verdeckte Ermittler in der Fanszene einzusetzen. Der jüngste Fall stammt aus Potsdam. Fans des SV Babelsberg 03 werden schon länger beschattet. Die Antwort des Brandenburgischen Verfassungsschutzes auf ein Auskunftsersuchen eines Babelsberger Anhängers zeigt nun, wie intensiv die Staatsschützer das tun.

Bekannt ist diese Praxis aus vielen Bundesländern. Und sie richtet sich, wie das Beispiel Babelsberg oder Kenntnisse aus Hamburg beim FC St. Pauli zeigen, oft gezielt auf linke Fangruppen. Ganz generell richtet sich das Vorgehen der Politik bundesweit gegen die Ultras. Es ist nicht allzu lang her, da schienen in den Augen manch Innenministers Fußballfans gefährlicher als Terroristen. Nicht selten wurden sie entsprechend behandelt. Der Eindruck, dass der Staat nach seinem Versagen bei der rechten NSU-Terrorzelle öffentlichkeitswirksam wieder Stärke demonstrieren wollte, blieb haften.

Jüngst war die Überraschung in der Politik über die 5000 Teilnehmer des Aufmarsches von »Hooligans gegen Salafisten« (HoGeSa) in Köln und das Ausmaß der Gewalt fast noch größer als ihr Entsetzen. Dabei gab es schon Anfang 2012 konkrete Hinweise, dass sich verfeindete Hooligangruppen zusammentun. Noch Anfang 2014 will niemand etwas gewusst haben. Drucksache 18/216 des Bundestages: »Der Bundesregierung liegen bislang keine entsprechenden Erkenntnisse vor.« So lautete eine der Antworten auf die Anfrage der Linksfraktion: »Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über bundesweite vereinsübergreifende Zusammenschlüsse von Hooligangruppen?«

Die Politik hat die Falschen gejagt - die Ultras, die sich mehrheitlich gegen Rassismus und Diskriminierung einsetzen und auch jetzt im Stadion gegen HoGeSa Flagge zeigen. Aber leider konnte die Hooliganbewegung im Schatten des Kampfes gegen die Ultras recht prächtig gedeihen.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal