Rangnick sortiert Zorniger aus

RB Leipzigs Sportdirektor stärkt seine Macht - kurzfristig darf U17-Trainer Beierlorzer ran

  • Ullrich Kroemer
  • Lesedauer: 3 Min.
Ralf Rangnick will, dass RB Leipzig aufsteigt. Alexander Zorniger ging das zu schnell. Da er sein Team auch nicht mehr zu Siegen führte, musste der Trainer nun gehen.

Um die Entlassung von RB Leipzigs Trainer Alexander Zorniger zu erklären, hatte sich Sportdirektor Ralf Rangnick Verstärkung mitgebracht: Präsident Oliver Mintzlaff und den neuen Interimstrainer Achim Beierlorzer. Beide wurden bei dieser Veranstaltung in der Leipziger Arena jedoch kaum etwas gefragt, verkamen neben Rangnick, der 95 Prozent Redeanteil hatte, zu Statisten. Ein Spiegelbild der Machtverteilung im so umstrittenen Verein. Zwar verkündete Rangnick: »Achim ist ab sofort der wichtigste Mann im Verein.« Doch das kaschierte nur notdürftig, dass Rangnick beim Zweitligisten künftig noch mehr Macht haben wird als ohnehin schon - auch in der direkten Arbeit mit der Mannschaft.

Alexander Zorniger hatte während seiner Amtszeit stets einen Gegenpol zum bisweilen überehrgeizigen Sportdirektor gebildet. »Alex und ich haben uns zweieinhalb Jahre lang aneinander gerieben, das war vom ersten Tag an so«, bestätigt Rangnick. Dennoch hätten persönliche Dinge »absolut keinen Anteil an der Entscheidung«. Doch es wird nicht gerade zur Verbesserung des Klimas beigetragen haben, dass Zorniger wenige Tage vor dem verpatzten Rückrundenstart gegen Erzgebirge Aue (0:2) ironisch geblafft hatte: »Ralf will aufsteigen, und ich nicht.«

Zwei Tage nach dem blutleeren Auftritt in Aue sei beim Sportdirektor die Erkenntnis gereift, für die kommende Saison einen neuen Trainer zu verpflichten. Rangnick sagt: »Wenn ich mir die Entwicklung der letzten neun Spiele anschaue, habe ich nicht mal eine Stagnation, sondern einen Rückschritt gesehen. Der Trend war nicht positiv. Nicht unbedingt nur das Ergebnis, vielmehr die Art und Weise, wie wir das Aue-Spiel verloren haben, war entscheidend.« Doch weshalb warf Rangnick seinen Trainer nur einen Spieltag nach der Winterpause raus?

Laut Rangnicks Version hätte Zorniger noch bis Saisonende weitermachen dürfen. Doch dass das mit einem wie Zorniger nicht zu machen ist, darf als einkalkuliert gelten. Am Montag dann habe sich Zorniger mit der Bitte an Rangnick gewandt, den Vertrag sofort aufzulösen. »Aufgrund der mir gegenüber kommunizierten Absicht, im Sommer eine Veränderung vorzunehmen, ist es besser, jetzt sofort einen Schnitt zu machen«, wird Zorniger in einer Pressemitteilung des Klubs zitiert. Das Angebot, noch bis Sommer sein Gnadenbrot beim Retortenverein zu verdienen, dürfte er als Affront aufgefasst haben.

Nun soll der bisherige U17-Trainer Achim Beierlorzer die Mannschaft mit Angriffsfußball wieder zurück in die Spur bringen. »Wir wollen nicht auf Teufel komm raus aufsteigen«, sagt Rangnick. »Aber wenn wir die Chance dazu kriegen, heißt es, die zu nutzen.« Der 47-jährige Franke Beierlorzer selbst äußerte bei seinen dezenten Beiträgen kaum mehr als bekannte Phrasen wie: »Jeder Spieler muss bei sich anfangen, seine Stärken einzubringen.«

Dass Beierlorzer nicht viel mehr als ein Statthalter ist, ließ Rangnick recht unverblümt durchblicken. Eine Alternative für höhere Aufgaben ist Beierlorzer definitiv nicht. Vielmehr erwägt Rangnick, künftig bei Spielen mit auf der Bank zu sitzen, um so näher am Team zu sein. Am liebsten hätte er die Mannschaft kurzfristig selbst übernommen, verwarf den Gedanken laut eigenem Bekunden jedoch, weil er so einem neuen Trainer im Sommer nur unnötig Ballast mit auf den Weg gegeben hätte.

In Zusammenhang mit einem der begehrtesten Trainerjobs hierzulande geistert der Name Thomas Tuchel bereits seit Monaten durch Leipzig. Mal soll der frühere Mainzer in Zwenkau bei Leipzig ein Haus gekauft haben, mal wollen ihn RB-Fans bei der Hausbesichtigung in Markkleeberg gesehen haben. Auf Tuchel angesprochen, dementierte Rangnick nur halbherzig: Die Suche nach dem neuen Trainer »pressiere« nicht. Doch dass er Zorniger vor die Tür setzte, ohne eine Alternative bereits in der Hand zu haben, passt nicht zu Rangnicks Akribie. Vor dem Spiel am Sonntag gegen den FSV Frankfurt beorderte Rangnick das Team ins Hotel. Ausgesucht und besichtigt hat er das am Dienstagvormittag selbst.

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