Schweinebaron in der Warteschleife
Gericht lässt Verfahren um Haltungsverbot gegen Straathof ruhen
Magdeburg. 80 Zentimeter breit ist ein Bett, in dem ein Mensch die Nacht verbringt. Zehn Zentimeter schmaler sind die Buchten aus Stahlrohr, in denen Muttersauen gut die Hälfte eines Jahres gehalten werden dürfen. Derlei »Kastenstände« seien zu schmal, meinten Tierärzte, als sie in Gladau im Jerichower Land zwei Schweinebetriebe von Adrianus Straathof kontrollierten. Der Holländer ist Geschäftsführer eines Imperiums mit 25 Zweigbetrieben, das als Inbegriff der Massentierhaltung gilt; es erzeugt allein in Deutschland pro Jahr 1,5 Millionen Ferkel. Der Zuchtbetrieb in dem sachsen-anhaltischen Landkreis zählt mit 60 000 Tieren zu den größten seiner Art.
Mit idyllischer Landwirtschaft haben die Zustände in den Ställen nichts zu tun. Seit 2009 stellten Veterinäre wiederholt Verstöße gegen den Tierschutz fest; in ihren Gutachten soll die Rede sein von »Qualzucht« sowie von »erheblichen und länger anhaltenden Schmerzen, Leiden und Schäden« für die Tiere. Die zuständigen Behörden erließen Anordnungen und verhängten Zwangsgelder - ohne Erfolg.
Im November 2014 schließlich erließ der Landkreis gegen Straathof ein Verbot der »Haltung und Betreuung« von Schweinen. Es gilt auch für andere Bundesländer - und kommt faktisch einem Berufsverbot gleich. Die Grünen im Landtag sprachen von einem »Warnschuss für alle Tierhalter«. Der Unternehmer dagegen sieht Arbeitsplätze und Werte in zweistelliger Millionenhöhe bedroht.
Ob das Verbot Bestand hat, müssen Gerichte entscheiden. Einen Eilantrag Straathofs gegen das zunächst auf ihn persönlich gemünzte Verbot lehnten das Verwaltungsgericht Magdeburg und die nächste Instanz ab.
Nachdem sich der Unternehmer aus der Chefetage zurückgezogen hatte, dehnten die Behörden das Verbot auf den gesamten Gladauer Betrieb aus, der bis Ende August 2015 schließen soll. Nach dem abgelehnten Eilantrag setzte Straathof auf eine Hauptverhandlung mit umfangreicher Beweisaufnahme. Dazu kommt es vorerst nicht: Nach einstündiger Verhandlung schickte Richter Albrecht Köhler das Verfahren in die Warteschleife. Es ruht, bis das Oberverwaltungsgericht einen parallelen Rechtsstreit entschieden hat.
In diesem Prozess ist die Breite der Kastenstände der zentrale Streitpunkt. Auf das Urteil warten Tierhalter und Tierschützer bundesweit. Zwar ist der Tierschutz per Bundesgesetz geregelt; Fragen wie die der Kastenstände werden in den Ländern aber unterschiedlich gehandhabt. Teilweise, sagt Köhler, sehe man sie als »nicht oder nicht gravierend tierschutzwidrig« an. Straathofs Verteidigerin Andrea Versteyl verwies darauf, dass in Niedersachsen die Festlegung auf eine Kastenbreite von 70 Zentimetern »bewusst nicht geändert« worden sei. Sachsen habe kürzlich ein Gutachten in Auftrag gegeben. Kästen wie in Gladau würden bundesweit verwendet, so Versteyl: »Nur hier hält man das für einen Verstoß.«
Diesen Umstand sieht auch das Gericht als »problematisch« an. Schließlich, sagt der Richter, nähme Straathof das Verbot in andere Länder mit - in denen man am maßgeblichen Verbotsgrund bislang keinen Anstoß nimmt. Mit einem Urteil würde sich das ändern: Es wäre auch in anderen Ländern bindend, sagt Versteyl, die es deshalb auch für wahrscheinlich hält, dass der Fall letztlich beim Bundesverwaltungsgericht landet.
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