Grüne Rothe-Beinlich: V-Leute abschalten

Scheitert das NPD-Verbotsverfahren erneut an gekauften Spitzeln? Karlsruhe feuert mit Forderung nach Belegen für »Abschaltungen« Debatte um Sicherheitspraxis an

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Scheitert das NPD-Verbotsverfahren erneut an V-Leuten? Das Bundesverfassungsgericht hat die Länder in einem Vorverfahren aufgefordert, mehr Belege für die Abschaltung von bezahlten Informanten in der Neonaziszene vorzulegen. Insbesondere die Zahl und den Ablauf der »Abschaltungen« von V-Leuten sollen die Länder »in geeigneter Weise belegen«. An der Vielzahl von V-Leuten in der Nazipartei war bereits das erste Verbotsverfahren gescheitert. Nun sehen Politiker von Linkspartei und Grünen die Gefahr einer erneuten Pleite.

Die Thüringer Grünen-Politikerin Astrid Rothe-Beinlich forderte im Kurznachrichtendienst Twitter, »wer nicht will dass das NPD-Verbot erneut scheitert, sollte ganz schnell die V-Leute abschalten«. Die rot-rot-grüne Landesregierung hat dieser Tage beschlossen, die V-Leute des Landesamtes für Verfassungsschutz im Freistaat noch im ersten Halbjahr 2015 abzuschalten. Dies hatte für scharfe Kritik aus der Union geführt.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte der »Welt«: »Die Ankündigung aus Karlsruhe ist ein Alarmsignal. Schon das erste Verbotsverfahren ist an der Frage der Abschaltung von V-Leuten gescheitert. Da werden Erinnerungen wach«. Auch der Grünen-Innenexperte Volker Beck warnte die Länder vor einer nochmaligen Niederlage. Er sei froh, »dass der Bundestag mehrheitlich der Versuchung widerstanden hat, sich an dem Verfahren zu beteiligen.«

Petra Pau, Vizepräsidentin des Bundestages, sieht die Gefahr eines neuerlichen Scheiterns: »Offenbar laufen die Antragsteller für ein NPD-Verbot in dieselbe V-Mann-Falle, an der das Verbotsverfahren 2001 bis 2003 gescheitert war. Das wiederum darf niemanden überraschen, es war absehbar.« Paus sagte, das Problem liege nicht beim Bundesverfassungsgericht, »sondern bei der unsäglichen V-Leute-Praxis der Sicherheitsbehörden. V-Leute sind und bleiben vom Staat gekaufte Spitzel und Täter, im konkreten Fall Nazis ohnehin«.

Die Innenminister der Länder sehen weiterhin keine Probleme mit Informanten. Die Verfassungsschutzbehörden hätten die V-Leute in den Führungsgremien vor dem aktuellen Verfahren abgeschaltet, sagte der rheinland-pfälzische Minister Roger Lewentz (SPD) als Vorsitzender der Innenminister-Konferenz.

Der CSU-Innenexperte Stephan Mayer sieht bei den Ländern dagegen keine Versäumnisse im NPD-Verbotsverfahren. Zum Beschluss des Verfassungsgerichts, der Bundesrat solle Karlsruhe Belege liefern, wie viele der bezahlten NPD-Informanten vom Verfassungsschutz abgeschaltet worden seien, sagte Mayer der »Passauer Neuen Presse«: »Man kann den Ländern beileibe nicht vorwerfen, dass sie ihrer Nachweispflicht nicht in ausreichendem Maße nachkommen.«

Laut einem Bericht der »Welt«, die sich auf einen nicht namentlich genannten Präsidenten eines Landesamtes für Verfassungsschutz beruft, habe das Bundesverfassungsgericht die Behärden »völlig überrascht. Jetzt geht es darum, dass wir die Namen unserer V-Leute offenlegen sollen. Doch das können wir gar nicht. Das würde Leib und Leben unserer Informanten gefährden. Genau davor haben wir immer gewarnt.« Agenturen/nd

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