Fraktionschefs der Senatskoalition auf SIWA-Tour

Saleh und Graf besuchen Projekte, die aus dem Sondervermögen finanziert werden sollen / Opposition kritisiert »verparkte Mittel«

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.
Rund 500 Millionen Euro hat Rot-Schwarz 2015 für zusätzliche Investitionen aus Überschüssen lockergemacht. Bis das Geld fließt, kann es aber noch dauern, wie eine Tour zu SIWA-Projekten zeigt.

Auf den Klos hat sich eine dicke Staubschicht abgesetzt. »Diese Toilette ist seit 2011 gesperrt«, sagt Schulleiterin Undine Zeibig bei einer Führung durch ihre Schule. SPD-Fraktionschef Raed Saleh und sein Pendant von der CDU, Florian Graf, sind an diesem Mittwoch auf Stippvisite in die Moabiter Grundschule gekommen, um sich Projekte anzuschauen, in die Rot-Schwarz rund 500 Millionen Euro aus dem »Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt« (SIWA) investieren will. Auf dem Fahrplan der SIWA-Rundfahrt der Fraktionschefs stehen außerdem der Neubaustandort für das Multifunktionsbad in Pankow, ein Hubschrauberlandeplatz im Virchow-Klinikum und eine Schießanlage der Polizei in Spandau.

Wie dringend nötig Investitionen sind, zeigt das Beispiel der Moabiter Grundschule mit ihren 500 Kindern eindrücklich. Insgesamt beläuft sich der Sanierungsstau in dem maroden Gebäudekomplex auf bis zu 1,5 Millionen Euro. Bei der gesperrten Toilette wäre eine Komplettsanierung des Wasserstranges nötig, die sich die Schule nicht leisten kann. Außen am Gebäude drohen zudem Fliesen durch eindringendes Regenwasser abzuplatzen, zeitweise musste deshalb der »grüne Atrium«-Schulhof gesperrt werden. Aktuell versucht Zeibig mit einer Spendensammlung bei Eltern, Lehrern und dem Förderverein das Wahrzeichen der Schule, das Kletterschiff, zu reparieren. »Aus Sicherheitsgründen« musste es zurückgebaut werden.

Auf die bewilligten SIWA-Mittel kann die Schule dafür indes nicht hoffen. Zwar stehen den Bezirken hauptsächlich für Schulsanierungen 120 Millionen Euro zusätzlich aus dem Sondervermögen zur Verfügung, für den Bezirk Mitte wären das rund sieben Millionen Euro. Die Moabiter Grundschule wäre jedoch erst bei einer der kommenden Förderperioden dran. »Diese Schule ist in einem schwierigen Zustand - aber hat nicht die Priorität 1 für SIWA-Mittel«, sagt die Schulstadträtin von Mitte, Sabine Smentek (SPD). Es gibt andere Schulen, die dringender saniert werden müssen. Wenn es nach den Bezirken geht, wollen diese die Baumittel aus dem Sondervermögen selber verwalten, weil sie den Draht zu den Verantwortlichen vor Ort haben. Raed Saleh und Florian Graf weisen dagegen auf die Hilfe des Senats hin, der die Bezirke bei der Nutzung der Mittel durch die landeseigenen Berliner Immobilienmanagement (BIM) oder der Wohnungsgesellschaft BerlinNovo unterstützen will. »Behörden-Hick-Hack wollen wir nicht«, betont Saleh. Das Geld solle schnell fließen.

Aber tut es das auch? Wie problematisch die Mittelverwendung ist, zeigte das vergangene Jahr: Weil den Bezirken Experten im Hochbau fehlen, konnten die Hälfte der bereitgestellten Baumittel nicht abgerufen werden. Dass das bei SIWA besser läuft, bezweifelt die Opposition. »Die Koalition muss Geld für Personal bereitstellen, wenn sie die Umsetzung garantieren will«, sagt der Parlamentarische Geschäftsführer der LINKEN, Steffen Zillich. In diesem Jahr, so geht es aus einer Senatsvorlage hervor, sollen von den 500 Millionen SIWA-Mittel allenfalls 34 Millionen Euro abgerufen werden.

Wie lange es dauert, bis aus dem bewilligten Geld etwas Konkretes für die Stadt wird, zeigen auch die geplanten neuen Schwimmbäder: Die werden wohl erst 2020 eröffnen. Die LINKE spricht deshalb beim Sondervermögen von »geparktem Geld«. Besser wäre es, sagt Zillich, schon in diesem Jahr den großen Sanierungsstau bei den Bädern abzubauen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal