Krieg der Sanktionen

Im Ukrainekonflikt blockiert jeder jeden

  • Lesedauer: 2 Min.

Kiew. Mit dem alarmierenden Ruf, dass in der Ostukraine mehr als eine Million Menschen um ihre Rente gebracht werden, machten die Chefs der »Volksrepubliken« Donezk und Lugansk, Alexander Sachartschenko und Igor Plotnizki, auf international bislang wenig beachtete Sanktionen aufmerksam. Dabei handelt es sich um die spätestens seit November 2014 von der Zentralmacht in Kiew auch offiziell verhängte Finanzblockade der eigenen abtrünnigen Regionen.

Kiew stellte damit sämtliche Rentenzahlungen und andere Sozialleistungen ein, beklagten die Regierungschefs aus dem Donbass zu Ostern in einem Offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident François Hollande. »Wir rufen Sie als Vertreter der Gewährsstaaten auf, nicht nur Ihren Einfluss zu nutzen und die ukrainischen Behörden zu ermutigen, die Sozialleistungen für die Bewohner des Donbass wieder auszuzahlen, sondern auch von der ukrainischen Seite strikt zu verlangen, dass sie nicht länger die Minsker Abkommen ignoriert«, hieß es in dem Schreiben.

Bereits zuvor sprang Russland ein, als mitten im Winter die Lieferung von Gas in die Ostukraine von Kiew unterbrochen wurde. Die Versorgung mit dringendsten Gütern wie Medikamenten gewährleistete der Nachbar mit Hilfskonvois. Dafür handelte sich Moskau stets den Vorwurf der »Verletzung der Souveränität« des Nachbarlandes ein.

Auch mit Verletzung der Souveränität der Ukraine werden seit rund einem Jahr Sanktionen der Europäischen Union (EU) und der USA gegen Russland begründet. Im März vergangenen Jahres verhängten EU und USA gleichzeitig zunächst Einreiseverbote gegen russische Personen und beschlagnahmten Vermögenswerte. Im Laufe des Jahres 2014 wurden diese Strafmaßnahmen schrittweise verschärft und ausgeweitet, Russland reagierte mit Gegenmaßnahmen wie dem Einfuhrverbot für Lebensmittel aus der EU.

Im April 2015 ist der Ukrainekonflikt auf der Ebene der Sanktionen »eingefroren«: Keine der Seiten denkt momentan an eine Aufhebung der Strafmaßnahmen. Die EU setzt die vollständige Umsetzung des Minsk-II-Abkommens dafür voraus. Es sieht die vollständige Kontrolle der ukrainischen Grenze durch Kiew vor - daran ist bei den laufenden Kämpfen im Osten des Landes nicht zu denken. Gleichzeitig sehen beide Seiten von schärferen Sanktionen momentan ab - wie beispielsweise den Ausschluss Russlands vom internationalen Zahlungssystem SWIFT, das den Nachrichtenverkehr von Finanzdienstleistern standardisiert. Von diesem weltweiten Transaktionssystem abgeschnitten wären juristisch sichere internationale Finanztransaktionen kaum noch möglich. Vor solchen Eskalationen im Krieg der Sanktionen schrecken Russland, die EU und die USA bisher zurück. kjh/stf

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