Lübeck wird zur G7-Festung

Proteste gegen Gipfel angekündigt - Polizei zieht 3500 Beamte zusammen

  • Dieter Hanisch, Lübeck
  • Lesedauer: 3 Min.

Unter dem Eindruck der EZB-Proteste in Frankfurt am Main zieht die Polizei für das G7-Außenminister-Treffen, das am Dienstag und Mittwoch in Lübeck stattfinden wird, 3500 Polizisten zusammen. 1600 davon werden aus Schleswig-Holstein kommen. Den Rest stellen sieben andere Bundesländer. Für Schleswig-Holsteins Polizei wurde eine Urlaubssperre verhängt. Sie hat zudem die Teilnahme am 16. April für den bundesweiten Blitzer-Marathon abgesagt. Die Polizeiführung sieht indessen öffentlich dennoch keine akute Gefährdungslage, doch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnt vor drohenden Ausschreitungen und schürt Angst.

Die Stimmungsmache gegen die Globalisierungskritiker hat dafür gesorgt, dass Lübecks DGB-Chef Andreas Sankewitz vergangene Woche eine Kundgebung der Gewerkschaft neben dem DGB-Haus abgesagt hat. Sankewitz gehört der GdP an. Die LINKE ist empört, sie fordert seinen Rücktritt, weil er alle Protestierer unter Generalverdacht stellt. Zugleich hat die Partei ersatzweise für Dienstag eine Demonstration angemeldet. Das Motto spielt auf die abgesagte DGB-Kundgebung an: »Das geht besser«. Den größten Zulauf dürfte jedoch eine Großdemonstration vom Bündnis »Stop G7« am Dienstagabend finden. Beteiligt ist unter anderem die Interventionistische Linke, die durch ihren Sprecher Christoph Kleine zu kreativem und entschlossenem zivilen Ungehorsam aufruft. Er betont, dass die Globalisierungsgegner keinesfalls an einer Gewaltspirale drehen, denn Straßenschlachten verstellen den Blick auf Inhalte des Protestes. Weil wirtschaftsprotektionistische Interessen zunehmend humanitäre und klimapolitische Aspekte in den Hintergrund drängen, hat sich Greenpeace mit Protestplänen gemeldet.

Ab Wochenbeginn müssen die Lübecker und ihre Gäste Straßensperrungen und andere Einschränkungen hinnehmen. Die Grüne Jugend des Landes artikuliert verbreiteten Unmut: Solch ein Meeting mit Showcharakter und millionenschwerem Aufwand passe nicht in die heutige Zeit. Sieben Außenminister könnten sich doch mühelos zu einer Telefonkonferenz zusammenschalten lassen.

Ob es zu Blockaden kommt, ist unklar. Eigentlich für Dienstagmorgen angesetzt, wurden sie vorerst abgesagt. Mit einer eigenen Mahnwache hat sich auch die esoterisch angehauchte Gruppe »G7 mach Frieden« angekündigt. Der Zirkel von Verschwörungstheoretikern weist die Zuordnung in die rechte Ecke, also auch zu Aktivisten aus dem Kreis von Reichsbürgern oder zum Querfront-Spektrum zurück. Auftritte der Band »Die Bandbreite« und des Rappers Kilez More lassen das Gegenteil vermuten. Bestrebungen für eine unabhängige Protestbeobachtung etwa durch die Humanistische Union wurden von offizieller Seite abgelehnt. Die Polizei hat politischen Mandatsträgern eine Begleitung hinter ihren Reihen angeboten. Dafür hagelte es Kritik von der Piratenpartei.

Das Gremium der sieben führenden Wirtschaftsmächte will sich vorrangig über den Islamischen Staat, den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine sowie Maßnahmen zum Schutz der Weltmeere und die Erfahrungen mit der Ebolaepidemie austauschen. Die Zusammenkunft in Lübeck soll zugleich das Treffen der G7- Regierungschefs Anfang Juli in Elmau bei Garmisch Partenkirchen vorbereiten. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat die Forderung von Linksfraktionschef Gregor Gysi nach einer Einladung des russischen Präsidenten Wladimir Putin zum G7-Gipfel nach Deutschland zurückgewiesen.

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