Kreml sieht Berlin trotz Krise als »Partner und Freund«

Putin: Russisch-deutsche Beziehungen erleben nicht die besten Zeiten / Merkel fordert von Moskau ein stärkeres Einlenken in der Ukraine-Krise

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Kremlchef Wladimir Putin hat den Besuch von Kanzlerin Angela Merkel zum 70. Jahrestag des Sieges der Sowjetunion über Hitler-Deutschland gewürdigt. Die Sowjetunion habe im Zweiten Weltkrieg nicht gegen Deutschland, sondern gegen Nazi-Deutschland gekämpft. »Deutschland war selbst das erste Opfer«, meinte der Kremlchef. Daher sei es für ihn »ganz natürlich«, dass Merkel 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zur Ehrung der Opfer nach Moskau gereist sei.

Auch die gravierenden Meinungsunterschiede zwischen beiden Regierungen kamen zur Sprache. »Es ist kein Geheimnis, dass die russisch-deutschen Beziehungen nicht die besten Zeiten erleben - wegen der Ereignisse in der Ukraine«, sagte Putin bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Sonntag in Moskau. Er erinnerte in diesem Zusammenhang an die massiven negativen Auswirkungen der westlichen Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Man habe aber trotz »Kränkungen und Verbitterungen« den Weg der Versöhnung eingeschlagen, er bezeichnete Deutschland zudem als »Partner und Freund«.

Merkel forderte ihrerseits ein stärkeres Einlenken in der Ukraine-Krise. »Durch die verbrecherische und völkerrechtswidrige Annexion der Krim hat die Zusammenarbeit (zwischen Deutschland und Russland) einen schweren Rückschlag erlitten«, sagte Merkel am Sonntag. Es gehe darum, die territoriale Einheit der Ukraine wieder herzustellen, sagte die Kanzlerin. Russlands Einverleibung der Schwarzmeerhalbinsel Krim und die Gewalt in der Ostukraine seien eine Gefährdung der europäischen Friedensordnung, so Merkel. Dennoch müssten Berlin und Moskau alles daran setzen, Konflikte auf diplomatischem Weg zu lösen. Russland hatte die Krim im März 2014 gegen den Willen der Regierung in Kiew in seine Föderation aufgenommen.

Merkel rief alle Parteien zu einer Umsetzung des Minsker Friedensplans für den Donbass auf. »Der Erfolg ist alles andere als sicher, aber wir haben nichts anderes und deshalb müssen wir daran weiterarbeiten«, sagte sie. Putin forderte einen direkten Dialog der Konfliktparteien. Er kritisierte den »verfassungswidrigen Sturz der Regierung in der Ukraine« durch die heutige Führung in Kiew. Offen sprach er von den »Problemen«, die die Krise ausgelöst hat.

Zuvor legten Merkel und Putin am Grabmal des Unbekannten Soldaten anlässlich des 70. Jahrestages des Siegs der Sowjetunion über Hitler gemeinsam Kränze im Gedenken an die Kriegstoten nieder. »Wir verneigen uns vor den Opfern«, sagte Merkel. Eine Militärkapelle spielte die deutsche und die russische Nationalhymne. Nach der Zeremonie gingen die beiden zu Fuß durch den Alexandergarten zu ihrem Gespräch im Kreml. Es war ihr erstes Treffen seit drei Monaten. Genau wie Mitte Februar im weißrussischen Minsk ging es auch diesmal vor allem um den Ukraine-Konflikt.

Merkel kam einen Tag nach der größten Militärparade in der jüngeren Geschichte Russlands zum Tag des Sieges. Viele westliche Staats- und Regierungschefs hatten Putins Einladung zur Siegesfeier wegen Russlands Haltung in der Ukraine-Krise boykottiert. Agenturen/nd

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