Oslo wird das Risiko zu groß

Der norwegische Staatsfonds muss aus dem Kohlesektor aussteigen

  • Bengt Arvidsson
  • Lesedauer: 3 Min.
Norwegens bürgerliche Regierung willigt in den Verkauf der Kohlebeteiligungen des Staatsfonds ein. Umweltschützer sind erfreut.

Der Finanzausschuss des norwegischen Parlamentes hat am Mittwochabend einstimmig beschlossen, dass der Staatsfonds sauberer werden soll. Sämtliche Beteiligungen an Unternehmen, die mit mehr als 30 Prozent ihres Umsatzes an Kohlegeschäften beteiligt sind oder mehr als 30 Prozent ihrer Aktivitäten im Kohlebereich haben, müssen abgestoßen werden. Damit will Norwegen einen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel leisten. Die bürgerlich-rechtspopulistische Minderheitsregierung, die von Liberalen und Christdemokraten gestützt wird, hat ihren langjährigen Widerstand gegen die von Linksparteien gestellte Forderung aufgegeben.

Bisher war es dem 2006 gegründeten Staatsfonds nur verboten, in Firmen zu investieren, die schwere Menschenrechtsverletzungen begehen, Kinderarbeit nutzen, Waffen produzieren oder gesundheitsschädliche Tabakprodukte herstellen. Die genauen Richtlinien des Kohleausstiegs sollen nun die Zentralbank und der norwegische Ethikrat erarbeiten. Bislang ist der Staatsfonds einer der größten Einzelaktionäre etwa bei den deutschen Energieriesen RWE und E.on. Die rechtspopulistische Finanzministerin Siv Jensen kündigte an, dass rund 75 Firmenbeteiligungen im Wert von 4,5 Milliarden Dollar nun abgestoßen werden. Dies treffe Bergbau- und Energieunternehmen, aber auch Beteiligungsgesellschaften. »In Kohlefirmen zu investieren, stellt heute sowohl ein Klimarisiko als auch ein wirtschaftliches Risiko dar«, hieß es im Beschluss aller sieben Parlamentsparteien. Das Plenum soll diesen am 5. Juni offiziell verabschieden.

»Wir haben gewonnen! Norwegen wird verkaufen! Die Politiker schmeißen die Kohle aus dem Ölfonds raus«, freute sich die Umweltschutzorganisation Greenpeace auf Twitter. »Das ist ein großer Sieg für das Klima«, sagte Torstein Svedt Solberg von den Sozialdemokraten. »Kohle ist die Quelle, die am meisten Verantwortung für die Treibhausgasemissionen trägt.«

Auch Rasmus Hansson von den Grünen ist begeistert. Er sprach von einem wichtigen Signal an die bevorstehenden Verhandlungen über ein globales Klimaabkommen. »Dieses lautet: Norwegen wird seine Ersparnisse nicht in die Zerstörung der Erde investieren«, sagte Hansson der Wirtschaftszeitung »E24«. Allerdings merkte er kritisch an, dass es den Fondsmanagern laut Beschluss weiterhin möglich sei, Anteile an Firmen mit über 30 Prozent Kohleaktivitäten zu halten, wenn diese glaubhaft machen können, dass sie ihre Kohleanteile mittelfristig reduzieren werden. Immerhin hat der Staatsfonds aber bereits seine Beteiligungen an Bergbaugesellschaften verkauft.

Der derzeit rund 900 Milliarden Dollar schwere norwegische Pensionsfonds ist der größte Staatsfonds der Welt. Er legt den allergrößten Teil der Öl- und Gaseinkünfte des Landes an, um für die Zeit vorzusorgen, wenn die Rohstoffvorkommen erschöpft sind. Rund 96 Prozent der Einnahmen sind im Ausland angelegt - auch, um eine Überhitzung des Binnenmarktes mit zu viel Geld zu vermeiden. Bislang werden die Ölmilliarden sehr erfolgreich verwaltet. Alleine im ersten Quartal 2015 konnten sich die Norweger über eine Rekordausschüttung von 5,3 Prozent oder 401 Milliarden norwegische Kronen (47 Milliarden Euro) freuen.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal