SPD-Spitze will interne Kritiker disziplinieren

Generalsekretärin Fahimi warnt im Streit um Vorratsdatenspeicherung vor Verlust der Regierungsfähigkeit

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 2 Min.
Das SPD-Präsidium will mit einem Initiativantrag den Konflikt um die Datenspeicherung entschärfen. Der Konvent soll über das Papier abstimmen.

In der SPD-Spitze wächst vor dem Parteikonvent am Samstag die Nervosität. Generalsekretärin Yasmin Fahimi sagte, dass bei der Veranstaltung in Berlin die Regierungsfähigkeit der Partei auf dem Prüfstand stehen werde. Fahimis indirekte Drohung mit dem Gang in die Opposition richtete sich gegen die parteiinternen Gegner des vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurfs zur Vorratsdatenspeicherung. Dieser soll im September vom Bundestag verabschiedet werden.

Zuvor will die Führung der SPD am Samstag die 250 Delegierten über einen eigenen Antrag für die anlasslose Datensammlung abstimmen lassen, in dem der Entwurf ihres Genossen und Justizministers Heiko Maas unterstützt wird. Beim unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagenden Konvent werden heftige Debatten erwartet. Damit diese nicht aus dem Ruder laufen, verkündete die SPD-Führung neben Drohungen auch Versprechen. Fahimi erklärte, dass die Union von einer baldigen Umsetzung einer europaweit angestrebten Datenschutzgrundverordnung überzeugt werden solle. Dabei geht es um die Sammlung und Verwendung von Kundendaten durch private Internetkonzerne. Dies soll laut Fahimi eingegrenzt werden.

Allerdings werden hier von der SPD-Führung zwei Dinge zusammengebracht, die nicht direkt miteinander vergleichbar sind. Viele Menschen stimmen im Internet wissend oder unwissend Einschränkungen ihres Datenschutzes zu. Bei der staatlich vorgeschriebenen Vorratsdatenspeicherung werden hingegen ohne Anlass beispielsweise Informationen aufbewahrt, wer wann mit wem telefoniert oder sich E-Mails geschrieben hat. Dagegen richtet sich der Widerstand in der SPD. Mehr als 100 Gliederungen der Partei haben sich gegen die Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen. Sie kritisieren, dass diese ein undifferenziertes und rechtlich unverhältnismäßiges Überwachungsinstrument sei, das die Grundrechte einschränke und alle Bürger unter Generalverdacht stelle. Das einst von Schwarz-Rot beschlossene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung wurde 2010 vom Bundesverfassungsgericht verworfen. Im April 2014 kippte der Europäische Gerichtshof auch die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung.

Der SPD-nahe netzpolitische Verein D64 hat Beschlüsse von elf sozialdemokratischen Landesverbänden in den letzten Jahren gegen die Vorratsdatenspeicherung veröffentlicht. Wenn die Delegierten diese Beschlüsse beachten würden, müsste der Konvent die Datenspeicherung mit deutlicher Mehrheit verhindern, heißt es bei den Jusos. Ob sie das tun werden, ist aber fraglich. Die Delegierten sind Abgeordnete und Funktionäre, die sich in der Regel mehrheitlich eher an der Parteiführung orientieren. Vergangene Woche hatte die SPD-Fraktion die Einbringung des Gesetzentwurfs zur Datenspeicherung in den Bundestag gebilligt. Nur 38 Abgeordnete stimmten dagegen.

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