Union der Inkompetenz

Katja Herzberg zum Streit über die Aufnahme von Flüchtlingen

  • Katja Herzberg
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Empörung über Ungarn folgte prompt. Dabei ist das Land keine Ausnahme, wenn es darum geht, Flüchtlinge fernzuhalten oder sie wieder loszuwerden. Die EU ist außerstande, gemäß den selbst auferlegten Prinzipien zu handeln.

Mal wieder erhitzen sich die Gemüter an der ungarischen Regierung und das nicht zu Unrecht. Sie erklärte, keine Flüchtlinge mehr aus anderen EU-Staaten zurückzunehmen und dafür die Dublin-Verordnung einseitig außer Kraft zu setzen. Die Empörung folgte prompt. Dabei ist Ungarn keine Ausnahme, wenn es EU-Staaten darum geht, Flüchtlinge fernzuhalten oder wieder loszuwerden. Dem liegt eine Wahrheit zugrunde, über die lieber niemand in den EU-Führungsreihen sprechen will: Die EU ist außer Stande, gemäß den selbst auferlegten Prinzipien zu handeln.

Allein wie der ungarische Regierungssprecher die Maßnahme begründete, die immerhin einen Tag später zurückgenommen wurde, lässt an der Wertegemeinschaft EU zweifeln. Ein »Das Boot ist voll«-Populismus ist man jedoch von den Herren um Viktor Orbán gewöhnt. Doch in einem hat Ungarn recht, wenn es auf die steigenden Flüchtlingszahlen reagiert. Es zeigt auf, dass das in alle Richtungen unsolidarische Dublin-System gescheitert ist.

Es ist an der Zeit, dass sich alle Staats- und Regierungschefs dies eingestehen und ihre Politik der Inkompetenz beenden. Statt beim EU-Gipfel über eine allenfalls symbolische Entlastung Italiens und Griechenlands bei der Aufnahme von Asylsuchenden zu lamentieren, muss der Verpflichtung zu den in der EU-Grundrechtecharta festgeschriebenen Werten der Würde des Menschen, der Freiheit, Gleichheit und Solidarität endlich die entsprechende Asyl- und Migrationspolitik folgen.

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