Mit zwei blauen Augen

Finnenpfand: Helsinki sicherte seinen Beitrag zu Griechenland-Krediten 2011 ab - ob die Konstruktion etwas nützt, ist umstritten

  • Bengt Arvidsson, Stockholm
  • Lesedauer: 3 Min.
Finnland wollte sich gegen das griechische Risiko absichern: Als einziges Euroland ließ es sich 2011 ein Pfand für die Kredite geben. Doch ob es etwas nutzt, wird bezweifelt.

Und sie hatten doch ein bisschen Recht. Als verpönt, unsolidarisch und europafeindlich galt 2011 die Forderung nach einem Pfand für weitere Kredite an Griechenland. Nur die Finnen verlangten trotzdem einen. Nun sind sie das einzige EU-Geberland, das womöglich seinen Anteil an den an Athen gezahlten Krediten zurückbekommen wird.

Das Zustandekommen des sogenannten Finnenpfandes ist vor allem auf den erdrutschartigen Sieg des Rechtspopulisten Timo Soini bei den Parlamentswahlen 2011 zurückzuführen. In Zeiten, in denen Finnland selbst in eine tiefe Wirtschaftskrise rutschte, punktete Soini vor allem mit der Forderung, dass kein finnisches Geld mehr an Südeuropa gehen dürfe.

Seine Partei »Die Wahren Finnen« steigerte sich von 4,1 Prozent bei den Wahlen 2007 auf 19,1 Prozent 2011 und teilte sich damit den zweiten Platz mit den Sozialdemokraten. Soini blieb in der Opposition und polterte weiter. Die etablierten Parteien reagierten.

Die sozialdemokratische Finanzministerin Jutta Urpilainen setzte das Finnenpfand für das zweite Kreditprogramm an Griechenland durch. »Es wird nicht so kommen, dass Griechenland nie wieder etwas zurückzahlt, und dass wir das hinnehmen müssen«, sagte sie kürzlich.

Insgesamt hat Finnland laut Schätzung des Finanzministeriums rund sieben Milliarden Euro zu den Griechenland-Krediten beigetragen. Seit 2011 sind aus Athen rund 930 Millionen Euro auf ein eigens dafür eingerichtetes Treuhandkonto eingegangen. Dieses liegt angeblich in London. Details zu dem Konto sind nicht bekannt. Zunächst hieß es, das Finnenpfand bestünde aus griechischem Gold, inzwischen ist klar, dass es sich um Barmittel und andere Vermögenswerte handelt.

Doch nun mehren sich die Zweifel in Finnland, inwieweit das Land wirklich damit abgesichert ist. Denn Finnland setzte als einziges Euroland ein Pfand auch deswegen durch, weil Helsinki der politischen Aussagekraft zuliebe auch die schlechten Konditionen dafür zu schlucken bereit war.

Um ein Pfand möglichst unattraktiv zu machen, wurde 2011 festgelegt, dass Staaten im Falle der Inanspruchnahme ihre Kredithilfen deutlich früher in den Griechenlandfonds einzahlen mussten und weniger Rendite dafür erhalten. Auch soll das Pfand bei einer möglichen Pleite Griechenlands noch zwischen 15 bis 30 Jahre eingefroren bleiben, bis es an den Kreditgeber ausgezahlt wird. Diese Konditionen schreckten Nachahmer ab.

Deshalb hegt etwa Raimo Sailas, ehemaliger Staatssekretär im finnischen Finanzministerium, Zweifel am Erfolg des Pfandes. Finnland komme nun nicht mit einem blauen, sondern gleich mit zwei blauen Augen davon, unkte er in der finnischen Wirtschaftszeitung »Kauppalehti«. Nicht einen einzigen Euro aus Griechenland werde sein Land wiedersehen, Pfand hin oder her.

Auch Sixten Korkman, Wirtschaftsprofessor an der Aalto-Universität in Helsinki, hat seine Zweifel. »Nur im unwahrscheinlichen Fall, dass Griechenland für völlig bankrott erklärt werden sollte, haben wir möglicherweise Zugriff auf das Pfand. Aber wahrscheinlicher ist ein weiteres Entgegenkommen auf EU-Ebene. Da ist es schwer, die Auszahlung juristisch durchzusetzen«, sagt er dieser Zeitung. »Das Pfand war vor allem auch ein innenpolitisches Symbol der in Bedrängnis geratenen Sozialdemokraten gegen die von ihnen Stimmen gewinnenden Rechtspopulisten.«

»Die Sicherheiten greifen«, behauptet hingegen Ministerpräsident Juha Sipilä optimistisch. Allerdings hält sich seine Regierung mit Details über das Pfand zurück. »Es ist zwar klar, dass Griechenland zu dem, was vereinbart worden ist, nein gesagt hat. Aber ich glaube, dass diese Sicherheiten trotzdem genau so funktionieren werden, wie ursprünglich geplant«, sagte er.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal