Eine Straße für Fernando Pereira

Vor 30 Jahren versenkten französische Agenten das Greenpeace-Schiff Rainbow Warrior

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Präsident François Mitterrand gab persönlich grünes Licht für die Versenkung der Rainbow Warrior. Noch heute ist das Verhältnis zwischen Paris und Greenpeace angespannt.

Fernando Pereira - diesen Namen sollen nach dem Willen von Greenpeace bald Straßen in ganz Frankreich tragen. Der seinerzeit 35-jährige portugiesische Greenpeace-Aktivist und Vater zweier Kinder kam ums Leben, als in der Nacht vom 10. zum 11. Juli 1985 im neuseeländischen Hafen Auckland ein Bombenanschlag auf das Greenpeace-Schiff Rainbow Warrior verübt wurde. Mit einer solchen Namensgebung, so die Umweltorganisation, würden gleichzeitig alle friedlichen Aktivisten überall auf der Welt geehrt, die ihr Leben für den Schutz der Natur und damit auch der Menschen einsetzten. In Paris ist ein entsprechender Antrag bereits durch die Partei der Grünen im Stadtrat eingereicht worden und soll demnächst verhandelt werden.

Mit dem ehemalige Fischereiforschungsschiff Rainbow Warrior segelte Greenpeace vor 30 Jahren im Pazifik. Die Aktivisten wollten damit auf die französischen Kernwaffenversuche auf dem Mururoa-Atoll und die verheerenden Folgen für die Inselbewohner und die Natur aufmerksam machen. Von 1966 bis 1996 zündeten die Franzosen auf dem rund 300 Quadratkilometer großen Areal 188 Atombomben. Im Jahr 2000 zogen sie dort ab. Bis heute ist das Atoll im Südpazifik Sperrgebiet.

Am 11. Juli sollte die Rainbow Warrior auslaufen und Kurs auf Mururoa nehmen, um dort als Flaggschiff einer Flottille von Protestschiffen zu ankern und so die Atombombenversuche zu behindern. Da diese Aktion den französischen Militärs ein Dorn im Auge war, lag die Vermutung nahe, dass sie auch hinter dem tödlich verlaufenen Bombenanschlag steckten.

Dieser Verdacht erhärtete sich sehr schnell. Die neuseeländische Polizei verhaftete ein französisches Paar, das mit einem Campingbus angeblich Urlaub machte. In Wirklichkeit handelte es sich um zwei Geheimdienstoffiziere, die den Anschlag organisiert hatten. Das zweite Team aus Kampftauchern, einer Spezialeinheit der französischen Marine, die zwei Bomben am Rumpf des Greenpeace-Schiffes angebracht und aus der Ferne gezündet hatten, flüchtete vor der Entdeckung mit einem Segelschiff aus Neuseeland und wurde auf hoher See durch ein französisches U-Boot aufgenommen.

Der Prozess gegen das angeblich »Ehepaar Turenge« hielt Neuseeland wochenlang in Atem und beschäftigte auch weltweit die Öffentlichkeit, zumal durch Indiskretionen aus Pariser Regierungskreisen bereits die Hintergründe bekannt geworden waren. So war der Anschlag auf das Schiff eine Idee des sozialistischen Verteidigungsministers Charles Hernu, der sie dem damaligen Präsidenten Mitterrand unterbreit und von diesem grünes Licht bekommen hatte. Mit der Ausführung wurde der Militärische Auslandsgeheimdienst DGSE beauftragt, dem allerdings bei der Ausführung zahlreiche Pannen unterliefen.

Hernu stritt zunächst alles ab, musste aber bald unter dem Druck der Beweise zurücktreten, schon um Mitterrand zu schützen. Geheimdienstchef Pierre Lacoste wurde entlassen. Premier Laurent Fabius musste die Verantwortung Frankreichs öffentlich eingestehen und sich entschuldigen. Das falsche Ehepaar Turenge - in Wirklichkeit Major Alain Mafart und Hauptmann Dominique Prieur - wurde in Neuseeland zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, jedoch bereits nach einem Jahr an Frankreich ausgeliefert.

Dies gehörte zum bilateralen diplomatischen Arrangement, in dessen Rahmen Frankreich einräumte, einen »Akt von Staatsterrorismus« verübt zu haben, und sich dafür entschuldigte. Im Gegenzug verzichtete Neuseeland darauf, den Fall vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu bringen. Paris zahlte sieben Millionen Dollar Schadenersatz an Neuseeland und 8,16 Millionen Dollar an Greenpeace. Das Ansehen der Umweltorganisation und die Zahl ihrer Mitglieder und Förderer in Frankreich stieg durch die Affäre steil an. Noch heute hat Greenpeace ein gespanntes Verhältnis zur Regierung, vor allem die Atomenergiepolitik ist den Umweltschützern ein Dorn im Auge.

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