Merkel muss den Schnitt machen

Nun auch IWF-Chefin und EU-Ratspräsident für Schuldenerleichterungen für Athen

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Die Position der Bundesregierung in der Frage möglicher Schuldenerleichterungen für Griechenland war bisher so einfach wie wortkarg: Dies sei kein »Thema«.

Mag sein, dass man sich dies vor allem im Berliner Finanzministerium so wünscht, die Realität des krisenpolitischen Tauziehens in Europa sieht inzwischen auch auf offizieller Ebene anders aus. Erst ließ der Internationale Währungsfonds in einer Analyse gucken, dass eine Lösung für die griechische Schuldenlast gefunden werden müsse. Dann erklärte Frankreichs Premier Manuel Valls, »es gibt kein Tabuthema bei den Schulden, bei der Umschuldung.«

Was Ökonomen und die Opposition schon länger fordern, machte sich dann auch IWF-Chefin Christine Lagarde zu eigen: Eine Umschuldung für Griechenland sei neben anderen Maßnahmen »notwendig« für die Wiederherstellung der Schuldentragfähigkeit des Landes. Es heißt, auch die US-Regierung habe auf Berlin eingewirkt, in dieser Frage einen Kurswechsel zu vollziehen - weg vom kategorischen Nein. Und nun schloss sich auch noch EU-Ratspräsident Donald Tusk an. Der polnische Konservative hält es ebenfalls für nötig, Athens Schuldenproblem grundsätzlicher anzugehen. Von Athen verlangte Zusagen für Maßnahmen müssten von den Gläubigern mit »einem ebenso realistischen Vorschlag bei der Schuldentragfähigkeit« begleitet werden, sagte Tusk am Donnerstag in Luxemburg.

Dass Angela Merkel beim Euro-Gipfel am Dienstagabend erklärte, »ganz zum Schluss« könne im Fall einer Einigung mit der SYRIZA-geführten Regierung auch über die Tragfähigkeit der Schulden gesprochen werden, deutet an, dass auch die Kanzlerin die Zeichen der Zeit erkannt hat. Sie müsste sich allerdings gegen eine Front in der Union durchsetzen, die von Schuldenerleichterung nichts wissen will. Ein Argument, das vor allem der Bundesfinanzminister vorbringt: Laut dem als »Bailout-Verbot« verstandenen Artikel 125 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union dürfen grundsätzlich weder die EU noch Mitgliedstaaten für Schulden eines anderen Mitgliedslandes haften.

Saarlands Linksfraktionschef Oskar Lafontaine, immerhin selbst einmal Bundesfinanzminister, hat dazu am Donnerstagmorgen das Nötige gesagt: »Die ganze Rettungspolitik der letzten Jahre verstößt gegen die europäischen Verträge. Das weiß man ja und insofern ist das ein Scheinargument.« vk

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal