Dubiose Maklerprovision für Asylbewerberheime

Landesbehörde übernahm in Berlin Courtage von 155 500 Euro im Auftrag von privaten Unterkunftsbetreibern

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.
Neue fragwürdige Finanztransaktionen im LAGeSo-Skandal: Behörde zahlte Maklerprovisionen, ohne diese zu kontrollieren. In einem Fall floss das Geld an eine Beteiligung von PeWoBe-Chef Penz.

Einen Anlass zur Überprüfung des Verhältnisses zwischen Auftraggeber und Maklerfirma sah die Landesbehörde seinerzeit nicht. In drei Fällen überwies das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) Maklerprovisionen für Flüchtlingseinrichtungen. Das geht aus der Antwort der Sozialverwaltung von Senator Mario Czaja (CDU) auf eine Schriftliche Anfrage der LINKEN-Abgeordneten Elke Breitenbach hervor.

Für das von der »Professionelle Wohn- und Betreuungsgesellschaft« (PeWoBe) betriebene Heim in der Charlottenburger Rognitzstraße sollten demnach über den Belegungssatz 59 500 Euro verrechnet worden sein. Direkt an den Makler flossen 30 940 Euro im Fall des von der PRISOD betriebenen Heims in der Mühlenstraße in Pankow. Sogar 96 000 Euro gab die private Betreiberfirma Gierso als Provision für die Unterkunft in der Soorstraße in Westend in Auftrag. Das Geld floss laut Senat an den Betreiber – allerdings »unter Vorbehalt«.

Die privaten Unternehmen Gierso und PeWoBe stehen seit Monaten in der Kritik. Ihnen wird unter anderem vorgeworfen, Personal in den Heimen nicht ordnungsgemäß abgerechnet zu haben. Der Senat hat deshalb die beiden Firmen aufgefordert, Beträge in Höhe von 430 000 Euro zurückzuzahlen. Teilweise wurden auch Gelder einbehalten. Trotz der angemahnten Verstöße erklärte Czaja immer wieder, an den beiden privaten Betreibern von Flüchtlingsunterkünften festhalten zu wollen. Die PeWoBe kündigte jüngst sogar an, ihr Geschäft auf die Obdachlosenunterbringung ausweiten zu wollen.

Doch nicht nur die Personalabrechnungen werfen brisante Fragen auf, sondern auch die Maklerkosten. Denn im Fall der Rognitzstraße sollte die Provision im Auftrag der PeWoBe, dessen Geschäftsführer der umtriebige Immobilienunternehmer Helmuth Penz ist, über den Belegungssatz verrechnet werden. Kassieren sollte die Provision in Höhe von 59 500 Euro am Ende die Firma »Marks Grundkonzepte«. Und jetzt wird es heikel: Aus »nd« vorliegenden Papieren geht hervor, dass sich diese Firma seit 2003 im Besitz der Schweizer »Piluan AG« befand. Die Aktiengesellschaft hat laut aktuellen Handelsregisters des Schweizer Kantons Basel zwei Personalangaben. Eine von ihnen ist: »Penz, Helmuth, deutscher Staatsangehöriger, in Berlin (DE)«. Hat also die PeWoBe und ihr Geschäftsführer Penz vor der Eröffnung des Heimes in der Rognitzstraße im Februar 2011 eine Provision an ein Unternehmen in Auftrag gegeben, bei dem der Geschäftsführer selber über Beteiligungen mitmischt? Zeitweise war das Maklerunternehmen auch unter derselben Adresse in der Dovestraße 1 in Charlottenburg ansässig, in der einige der Penzschen Unternehmen ihre Niederlassung haben.

»Das war Zufall«, sagt der »Pressekontakt« der PeWoBe, Thorsten Elsholtz. Der Flüchtlingsheimbetreiber sei mit dem nicht mehr existierenden Maklerbüro weder »verwandt noch verschwägert« gewesen. Im Übrigen sei nach »Sachstand« der PeWoBe die Provisionszahlung niemals eingegangen.

Für die Opposition im Abgeordnetenhaus setzt sich dagegen der LAGeSo-Skandal fort. »Ich finde es mehr als befremdlich, dass hier Maklerprovisionen bezahlt werden«, sagt Elke Breitenbach. Auch an dieser Stelle habe es »Intransparenz und keine Prüfungen des LAGeSo gegeben«. Für die LINKE ist indes der Zeitpunkt der Maklerprovision pikant: Gut möglich, dass die dubiosen »Insich-Geschäfte« bei der Flüchtlingsunterbringung schon unter Rot-Rot begannen. Die damalige Sozialsenatorin Carola Bluhm (LINKE) will davon allerdings nichts gewusst haben.

Sogenannte Insich-Geschäfte gab es wohl auch beim Wachschutz, bei Putzfirmen und beim Catering der Heime. Dort wollen Abgeordnete sie entdeckt haben. Erst erklärte der Senat, beim Wachschutz sei so etwas nicht bekannt. Inzwischen heißt es: Solange die Geschäfte den rechtlichen Voraussetzungen entsprechen, seien sie zulässig. Das wird im Fall der Maklergebühren jetzt zu klären sein.

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