Lage am LAGeSo bleibt kritisch

Vor der Aufnahmestelle für Asylbewerber in Moabit warten weiter hunderte Menschen

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Krisenstab beschäftigte sich am Mittwoch mit der prekären Situation vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo). Eine zusätzliche Anlaufstelle wird erst Mitte Oktober fertig werden.

Die Freunde Ahmad und Hamad warten schon seit drei Tagen vor der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber in Moabit. Immerhin haben sie nachts ein Dach über dem Kopf. »We live camp«, sagt Ahmad in gebrochenem Englisch. »Wir leben in einem Lager.« Die beiden Freunde aus dem syrischen Aleppo sind auf verschiedenen Wegen nach Berlin gekommen, der eine über die Balkanroute, der andere kam übers Mittelmeer. Gemeinsam mit hunderten anderen Flüchtlingen warten die beiden jungen Männer an diesem Mittwoch auf ihre Registrierung.

Die Situation in der Zentralen Aufnahmestelle in der Turmstraße ist weiter entwürdigend: An vielen Stellen liegen Menschen notdürftig in dünne Decken gehüllt auf dem Boden. Für die zahlreichen Kinder gibt es immerhin eine Hüpfburg und die Wasserbetriebe haben Wasserspender aufgestellt. An Autos von ehrenamtlichen Helfern bilden sich bei der Verteilung von Backwaren Menschentrauben.

Berlin erwartet 50 000 Flüchtlinge

Das Land Berlin rechnet nach neuesten Prognosen in diesem Jahr mit bis zu 50 000 Asylsuchenden, die in die Hauptstadt kommen werden. Allein seit dem 5. September kamen laut Sozialsenator Mario Czaja (CDU) 9121 Flüchtlinge nach Berlin. Die Hauptstadt hat damit 2015 bereits 32 000 Flüchtlinge aufgenommen.

Ein Großteil (zwischen 80 und 90 Prozent) der Menschen kommt inzwischen aus Syrien oder direkten Nachbarstaaten. Flüchtlinge aus dem Balkan kommen dagegen laut Senat inzwischen kaum noch. Sonderzüge mit Flüchtlingen aus dem Nahen Osten, die über München nach Berlin-Schönefeld kommen, soll es ab sofort alle zwei Tage geben. Darüber hinaus verkehren noch viele Busse, die die Flüchtlinge herbringen. mkr

Wie gereizt die Stimmung ist, zeigte sich am vergangenen Dienstagnachmittag, als es nach einem Streit zwischen einer Flüchtlingsfamilie und einem Sicherheitsmitarbeiter zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kam. Alarmierte Polizisten gingen mit Pfefferspray gegen eine wütende Menge von 100 Flüchtlingen vor, die versuchte, zu den Sicherheitsmitarbeitern zu gelangen, die zuvor ein einjähriges Kind die Treppe heruntergestürzt haben sollen. Es gab mehrere Verletzte, die Polizei leitete mehrere Ermittlungsverfahren ein.

Im Krisenstab des Senats stand die angespannte Lage vor dem LAGeSo in Moabit am Mittwoch ebenfalls im Mittelpunkt. Das Gremium, das erstmals unter der Leitung des neuen Flüchtlingsstaatssekretärs Dieter Glietsch (SPD) sowie des Sozialstaatssekretärs Dirk Gerstle (CDU) tagte, diskutierte vor allem Maßnahmen, die zur Deeskalation vor dem LAGeSo dienen können, erklärte eine Sprecherin von Sozialsenator Mario Czaja (CDU). Erstmals sollten auch Bundeswehrsoldaten bei der Registrierung der Flüchtlinge aushelfen.

Eine Entspannung erwarten sich die Behörden unterdessen durch die Inbetriebnahme einer weiteren Aufnahmestelle in einem ehemaligen Bankgebäude in der Bundesallee 121 in Wilmersdorf. Bei der Ertüchtigung dieser Immobilie gibt es aber nicht nur Probleme mit der Computertechnik, sondern es sind noch Umbaumaßnahmen nötig. »Zum 15. Oktober soll die volle Inbetriebnahme erfolgen«, erklärte Czaja. Ein bisschen Entspannung bei der Registrierung bringt die Nutzung der »Bearbeitungsstraße« der Polizei in der Kruppstraße in Moabit. Hier können zumindest die Flüchtlinge, die in Sonderzügen und mit Bussen aus München kommen, erfasst werden.

Der Opposition von Grünen und Linkspartei reichen die Senatsmaßnahmen nicht aus. Beide Fraktionen bringen an diesem Donnerstag einen Dringlichkeitsantrag in das Abgeordnetenhaus ein. Das Ziel der Opposition ist es unter anderem, dass die Zentrale Aufnahme in Moabit 24 Stunden geöffnet sein soll.

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