Selektiv und listig
Uwe Kalbe über die Entdeckung, dass der BND ein echter Geheimdienst ist
Ein echter Skandal hat es auch nicht mehr leicht in Deutschland. Was war das für ein schönes Lärmen, als bekannt wurde, dass Spionieren unter Freunden doch geht, was für ein Ächzen und Jammern, als der BND kleinlaut einräumen musste, dass er im Auftrag der NSA schnüffelte. Und nun? Da sich herausstellt, dass der deutsche Auslandsnachrichtendienst auch sein Süppchen kochte, dass er Freunde ausspionierte, was das Zeug hielt? Die Geschichte hätte schon ein bisschen mehr Empörung verdient.
Vielleicht liegt es an der Aufregung über Flüchtlinge und Asylgesetze, die gerade die Öffentlichkeit gefangen hält, dass der Aufschrei so gedämpft klingt. Ganz sicher ist, dass deutsche Geheimdienste so einiges drauf haben beim selektiven Umgang mit der Wahrheit, wovon die Protokolle ganzer Generationen von Untersuchungsausschüssen zeugen. Und dass sie zwischen Staatswohl und Parlamentarierneugierde sehr wohl unterscheiden können. Und dass das Staatswohl auch darin bestehen kann, die Parlamentarierneugierde im Zaum zu halten. Selektoren scheinen sich hierfür gut zu eignen. Diese besonders hinterhältige Form der Geheimdiensttätigkeit zeigt sich auf Listen, die gesammelt, geschwärzt, selektiert und schließlich verschwiegen werden. Wer denkt, das Parlament kontrolliere die Geheimdienste, kommt jedenfalls nicht auf eine solche Liste.
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