Phantombilder in drei Dimensionen

Mainzer LKA-Experte schuf neues digitales System

  • Katharina Hölter, Mainz
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein weißes Blatt Papier, auf das sich dunkle Bleistiftstriche zu einem Gesicht zusammenfügen: Mit Block und Stift werden Phantombilder zum Teil heute noch erstellt. Dabei geht es auch wesentlich innovativer. Ein Experte des Landeskriminalamts in Mainz hat in den vergangenen sechs Jahren ein neues System für Phantombildzeichnungen entwickelt, das weltweit einzigartig sein soll. Nun ist es auch patentgeschützt.

»Es kommt dabei auch Software zum Einsatz, die in Hollywood bei Spezialeffekten im Gesicht verwendet wird«, erklärt Polizist und Phantombildzeichner Uwe Kinn. Der Vorteil der neuen Methode: Mehrere Perspektiven gleichzeitig können berücksichtigt werden. Der Zeuge muss sich bei seinen Beschreibungen nicht mehr auf eine festlegen. Schließlich kann das Ergebnis in ein dreidimensionales Objekt umgesetzt werden - und der Täter ist hoffentlich schneller gefunden.

Für eine Einschätzung zum Erfolg der neuen Methode sei es aus Mangel an Praxiserfahrung noch zu früh, sagt der Polizeizeichner beim LKA Niedersachsen, Dirk Scheerle. »Aber es dürfte eine Bereicherung zu all dem sein, was es bislang gibt.«

Neben dem neuen Phantombildsystem gibt es eine Vielzahl digitaler Technik, die bei der Aufklärung und an Tatorten eingesetzt und immer wieder ausgebaut wird. Das Bundeskriminalamt (BKA) nutzt beispielsweise 3D-Laserscanner und eine sogenannte Spheronkamera. Der Scanner erzeugt ein dreidimensionales Abbild des Tatortes. Auch Schusswinkel lassen sich dokumentieren und Blickwinkel von Personen überprüfen. Die Spheronkamera macht ein hochauflösendes Panoramabild. Das Ziel: Die Aufnahmen lassen sich mit Detailaufnahmen, Videos und Spurenberichten verknüpfen. So entsteht ein multimedialer Tatortbericht. Die Geräte ersetzten aber nicht die Arbeit der Spurensicherung oder der Ermittler. Die müssen aus den Ergebnissen der verschiedenen Untersuchungen ihre eigenen Schlüsse ziehen, sagt Marianne Falasch, Sprecherin des BKA in Wiesbaden.

Klar sei, diese und weitere digitale Methoden verbesserten die Möglichkeiten der Ermittler. Sie helfen demnach, Einzelfälle zu lösen, die noch vor Jahren mit den damaligen Methoden nicht hätten aufgeklärt werden können. »Ob sie sich direkt auf die Aufklärungsquote von Verbrechen auswirken, kann jedoch nicht seriös beantwortet werden«, sagt Falasch.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßt den Einsatz digitaler Technik in den Landeskriminalämtern. »Das ist ein guter Schritt, aber der reicht längst nicht aus«, sagt Ernst Scharbach, Mitglied im Bundesvorstand der GdP.

Denn während das LKA mit innovativer Technik ausgestattet wird, mangelt es zugleich meist schon an kleinen Dingen - etwa bei der Ausstattung der Streifenwagen und den Fahrzeugen der Kriminalpolizei, sagt Scharbach. »In der Schweiz ist es zum Beispiel längst gang und gäbe, dass Polizisten über ein von der Einsatzzentrale angesteuertes Navigationssystem im Auto direkt zum Einsatzort gelotst werden.« In Deutschland sei das noch Zukunftsmusik. dpa/nd

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