Schweiz: Mehrheit für rechte Parteien

Rechtsnationale SVP gewinnt Nationalratswahl klar / Mitte-links-Lager geschwächt / Linke Grüne verlieren ein Drittel der Mandate / SVP-Chefideologe und Ex-Welt-Chefredakteur Köppel zieht ins Parlament ein

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Berlin. Mit Anti-Asyl-Rhetorik und ablehnenden Rufen in Richtung Europäische Union hat die rechtsnationale SVP die Parlamentswahlen in der Schweiz klar gewonnen. Das Mitte-links-Lager geht geschwächt aus der Abstimmung hervor, die rechten Parteien kommen zusammen auf eine knappe absolute Mehrheit im Nationalrat. Die SVP holte elf zusätzliche Mandate und hat nun 65 der 200 Sitze inne, die rechtsliberale FDP gewann drei weitere Mandate und ist nun mit 33 Abgeordneten vertreten. Hinzu kommen die Regionalparteien Mouvement Citoyens Genevois in der frankophonen Westschweiz und Lega dei Ticinesi in der italienischen Schweiz im Süden – zusammen verfügen die Rechtsparteien über 101 der 200 Mandate. Diese Parteien bilden aber keinen gemeinsamen Block.

Unterm Strich habe es in der Eidgenossenschaft einen eindeutigen »Rechtsrutsch« gegeben, sagte der Wahlforscher Claude Longchamp. SVP-Chef Toni Brunner verlangte umgehend eine stärkere Beteiligung an der Berner Regierung. In der sogenannten Konkordanzdemokratie der Schweiz werden möglichst viele politische Kräfte an der Regierung beteiligt. Die stärksten Parteien erhalten dabei jeweils zwei oder einen Ministerposten. Brunner erklärte zum Sieg seiner Partei, die »Völkerwanderung in Richtung Europa« und die angeblichen Probleme der Asylpolitik in der Schweiz hätten den Wahlkampf bestimmt.

Als zweitstärkste einzelne Partei konnten sich die Sozialdemokraten behaupten. Sie verloren drei Mandate und kamen auf 43 Sitze. Die Sozialdemokraten hatten für eine gemäßigte Reform des Asylrechts geworben und sich für eine engere Kooperation mit der EU eingesetzt. Die Christdemokraten (CVP) büßten demnach einen Sitz ein und kamen noch auf 28 Mandate. Die großen Verlierer sind die beiden Umweltparteien. Die linksorientierten Grünen behalten nur noch zehn von einst 15 Sitzen, die bürgerlichen Grünliberalen nur noch 7 von einst zwölf.

Für die SVP zieht erstmals die Unternehmerin Magdalena Martullo-Blocher in den Nationalrat ein - sie ist die Tochter des Milliardärs und SVP-Ziehvaters Christoph Blocher. Im Kanton Graubünden eroberte sie einen zweiten Sitz für die Nationalkonservativen. Ein Abgeordnetenmandat gewann auch der SVP-Quereinsteiger und Chef des Schweizer Politik-Magazins »Die Weltwoche«, Roger Köppel. Der einstige Chefredakteur der deutschen Tageszeitung »Die Welt« (2004-2006) war erst kürzlich der SVP beigetreten. Er gilt dennoch vielen als ihr neuer »Chefideologe« in den Fußstapfen von Blocher.

Zu seiner Motivation erklärte Köppel: »Schreiben allein genügt nicht mehr. Ich kann nicht länger von außen beobachten, wie in Bern das Erfolgsmodell Schweiz demontiert wird.« Köppel gehört zu prominenten Befürwortern einer Anti-Zuwanderungsposition in die Schweiz, der Migranten mit Kriminalität und mehr Arbeitslosigkeit sowie »mehr Stress und Unzufriedenheit bei den Schweizerinnen und Schweizern, weniger Produktivität und weniger Wohlstand« in Verbindung bringt. Agenturen/nd

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