Athen erhöht Steuern für Landwirte

SYRIZA-geführte Regierung hofft auf neue Kredite / Proteste von Bauern, Lehrern, Fährschiffern

  • Anke Stefan, Athen
  • Lesedauer: 2 Min.
Die griechische Regierung unter Alexis Tsipras hat für ein weiteres Reformpaket die Mehrheit im Parlament erhalten. Diesmal sind die Bauern besonders von Steuererhöhungen betroffen.

Begleitet von Protesten verabschiedete das griechische Parlament in der Nacht zum Freitag ein weiteres Maßnahmenpaket als Voraussetzung für die Auszahlung neuer Kredite durch die internationalen Gläubiger. Bei einer namentlichen Abstimmung votierten die 153 Abgeordneten der Regierungsparteien SYRIZA und ANEL für die Maßnahmen. Die neun Parlamentarier der wirtschaftsliberalen Partei To Potami enthielten sich. 118 Abgeordnete, darunter die der konservativen Parteien Nea Dimokratia, der sozialdemokratischen PASOK und der kommunistischen KKE stimmten mit Nein.

Neben einer Vielzahl von Detailverordnungen enthält das Paket vor allem eine Mehrbelastung für die Landwirte. Mit sofortiger Wirkung wird die Steuer für Agrardiesel von derzeit 66 auf 200 Euro pro Tonne erhöht. Ab dem 1. Oktober 2016 werden überhaupt keine Vergünstigungen für Agrardiesel mehr gelten.

Die griechischen Bauernverbände haben bereits mit Blockaden der Autobahnen durch Trecker gedroht. Schon am Donnerstag gingen in den zentralgriechischen Regionen Karditsa und Agrinio sowie auf Kreta die Bauern auf die Straße. Sie forderten neben der Rücknahme der Steuererhöhungen auf Agrardiesel auch den Verzicht auf eine mit den Gläubigern vereinbarte Verdoppelung der Steuer auf landwirtschaftliche Produkte von derzeit 13 auf 26 Prozent im nächsten Jahr.

Bereits zum zweiten Mal demonstrierten am Donnerstag in Athen Schüler der griechischen Mittel- und Oberschulen. Sie fordern die Besetzung tausender freier Planstellen und eine Aufstockung der drastisch gekürzten Mittel im Bildungswesen. Die von der Regierung unter Alexis Tsipras geplante Einstellung von über 600 Lehrern mit Zeitverträgen sei auch laut griechischen Lehrergewerkschaften nicht ausreichend.

Die seit Anfang der Woche streikenden Seeleute dagegen haben ihre Arbeit am Freitagmorgen wieder aufgenommen. Die Entscheidung ist aber nur vorläufig und dient vor allem dazu, die angespannte Situation auf den Inseln vor der türkischen Küste zu entschärfen, wo zehntausende Flüchtlinge auf die Weiterreise nach Athen warten. Die Marinegewerkschaft PNO droht, den Arbeitskampf am 12. November wiederaufzunehmen, wenn die Regierung etwa Verschlechterungen bei den Renten nicht zurücknimmt. Für diesen Tag rufen die beiden Gewerkschaftsdachverbände, GSEE und ADEDY, bereits zu einem Generalstreik auf.

Trotz des Parlamentsbeschlusses ist die Auszahlung der nächsten Kreditrate in Höhe von zwei Milliarden Euro an Griechenland noch nicht sicher. Uneinigkeit herrscht nach wie vor in mehreren Fragen, etwa über Zwangsversteigerungen auch der bisher geschützten Erstwohnung. Bis zur Sitzung der Eurogruppe am Montag müssten jedoch alle Fragen geklärt sein, hatte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici bei einem Besuch in Athen angemahnt.

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