Die Rechnung zahlt der Schäuble-Wirt

Ministerpräsidenten setzen Bundesregierung mit Vorschlag zur Reform des Länderfinanzausgleichs unter Druck

Die Länder haben sich bei der anstehenden Reform der Finanzbeziehungen schon mal geeinigt. Jetzt muss nur noch der Bund mitmachen - und zahlen.

Es sieht nach der Quadratur des Kreises aus: Den Vorschlag der Ministerpräsidentenkonferenz zur Reform des Länderfinanzausgleichs findet das bisherige Hauptnehmerland Berlin (2014: zusätzliche Einnahmen von 3,5 Milliarden Euro) genauso gut wie das Hauptgeberland Bayern (4,9 Milliarden Euro). Dabei gehen deren Interessen fundamental auseinander: Die einen möchten möglichst viel herausbekommen, die anderen möglichst wenig abgeben.

2019 laufen die bisherigen Regelungen für den föderalen Ausgleich zusammen mit dem Solidarpakt für den Aufbau Ost aus. Eine Neuregelung muss rasch kommen, denn wegen der drohenden Schuldenbremse müssen die Länder über künftige Einnahmen und Ausgaben Bescheid wissen. Der Länderfinanzausgleich ist bislang zweistufig: Vom Umsatzsteueranteil der Länder werden vorweg maximal 25 Prozent dazu verwendet, die Finanzkraft der schwachen Länder dem Durchschnitt aller Länder anzunähern. Hinzu kommen dann noch Ausgleichszahlungen reicherer Bundesländer an ärmere. Das System funktioniert auf Basis komplizierter Messzahlen, die auch die besonderen Belastungen von Stadtstaaten berücksichtigen. Im Boot des Finanzföderalismus sitzt natürlich zudem der Bund, der mit sogenannten Ergänzungszuweisungen den armen Staaten unter die Arme greift. Bayern und Hessen finden das bisherige System ungerecht und haben vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt.

Eigentlich wollte die Bundesregierung schon vor einem Jahr Klarheit über die Neuregelung haben, aber die Gräben zwischen Geber- und Nehmerländern, zwischen Ost und West sowie zwischen Flächen- und Stadtstaaten schienen unüberbrückbar. Bisherige Reformvorschläge riefen die Ost-Ministerpräsidenten auf den Plan, die vor Benachteiligungen warnten.

Umso überraschender kam am Donnerstagnachmittag die Einigung der Länderchefs. Laut dem Vorschlag soll das bisherige System durch ein reines Umsatzsteuermodell ersetzt werden. Der Länderanteil an den Einnahmen aus der wichtigsten Verbrauchssteuer (2014: 45 Prozent) wird ab 2020 gemäß der Einwohnerzahl sowie der Finanzkraft auf die 16 Bundesstaaten verteilt. Auch die besonderen Belastungen von Stadtstaaten und die Probleme in den neuen Ländern sollen dabei berücksichtigt werden. »Der Finanzausgleich wird einfacher, transparenter und gerechter gestaltet«, heißt es in dem Beschluss. »Durch die Neuordnung steht kein Land finanziell schlechter da.«

Den Berechnungen zufolge erhalten die ostdeutschen Flächenländer weiterhin Zuweisungen von mehr als zwei Milliarden Euro. Bremen und das Saarland bekommen 800 Millionen Euro extra. Die »reichen« Geberländer werden durch den Kompromiss um etwa 2,5 Milliarden Euro entlastet. Laut »Handelsblatt« wäre Mecklenburg-Vorpommern mit plus 227 Euro pro Kopf größter Nutznießer. Darüber hinaus soll es wegen der hohen Sozialausgaben ab 2018 Entlastungen im Umfang von 5 Milliarden Euro für die Kommunen geben.

»Die unter den einzelnen Ziffern genannten Positionen korrespondieren miteinander und können einzeln nur dann Geltung entfalten, wenn das im Gesamtzusammenhang erkennbare Ergebnis erzielt wird«, heißt es im Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz. Will heißen: Wird auch nur ein Punkt geändert, stürzt das gesamte Kartenhaus zusammen und die Verhandlungen beginnen von vorn. Dies richtet sich als Druckmittel an den Bund. Er soll die Rechnung, die alle Länder zufrieden stellen würde, mit 9,5 Milliarden Euro begleichen. Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte bereits zuvor 8 Milliarden angeboten, um die Verhandlungen voranzubringen.

Der Vizechef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ralph Brinkhaus, kritisierte zwar, der Vorschlag sei »enttäuschend und so nicht akzeptabel«. Regierungsvertreter hielten sich indes bedeckt - die Details sollen zunächst genau geprüft werden.

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