Wohnung verkauft - und dann?

Fragen & Antworten zur Umwandlung von Mietwohnungen in Wohneigentum

  • Lesedauer: 5 Min.
Im Jahr 2013 gab es in Berlin 286 183 in Eigentum umgewandelte Wohnungen. Das sind 15 Prozent des gesamten Wohnungsbestandes der Stadt. Dieser Trend setzt sich fort, und zwar mit steigenden Zahlen: 11 000 Wohnungen wurden allein im Jahr 2014 umgewandelt. In anderen Städten sieht die Tendenz nicht anders aus.

Was in umgewandeltem Wohnraum von Mietern zu beachten ist, wird in den folgenden Fragen und Antworten erläutert.

Sind Mieter einer Eigentumswohnung schlechter gestellt als andere Mieter?

Mieter einer Eigentumswohnung haben ein höheres Risiko, von einer Eigenbedarfskündigung betroffen zu werden. Der Gesetzgeber hat daher einen erweiterten Kündigungsschutz gegenüber nicht umgewandelten Wohnungen ermöglicht. Mängelbeseitigungen am Gemeinschaftseigentum bedürfen eines Beschlusses der Eigentümergemeinschaft, wodurch die Durchsetzung des Mängelbeseitigungsanspruchs eines Mieters verzögert beziehungsweise unmöglich werden kann. Mieter in Eigentumswohnungen zahlen, dies belegen Studien, oft höhere Mieten als Mieter in nicht umgewandelten Wohnungen. Denn der einzelne Wohnungseigentümer ist um eine rasche Refinanzierung seiner Erwerbskosten bemüht, eine Kompensation mit Renditen weiteren Eigentums ist oft nicht gegeben.

Worauf ist bei der Betriebskostenabrechnung zu achten?

Mieter sollten darauf achten, dass nicht die Abrechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft weitergereicht wird, denn darin sind oft Verwaltungs- und Instandhaltungskosten enthalten, die nicht zu den Betriebskosten gehören. Gegenüber dem Mieter einer Eigentumswohnung dürfen nur die Kosten abgerechnet werden, die in der Betriebskostenverordnung aufgeführt und vertraglich vereinbart sind. Der Verteilerschlüssel für die Kosten ist meist nicht nachvollziehbar.

Was regelt die Berliner Kündigungssperrfristverordnung?

Ist die Wohnung nach der Überlassung an den Mieter in eine Eigentumswohnung umgewandelt und an einen Dritten verkauft worden, kann der neue Eigentümer zehn Jahre lang nicht wegen Eigenbedarfs oder Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung kündigen. Das gilt für ganz Berlin. Die zehnjährige Kündigungssperrfrist beginnt mit der Eintragung des ersten Erwerbers nach der Umwandlung in das Grundbuch. Weitere Eigentümerwechsel lassen die Frist nicht von vorn beginnen. Die Kündigungssperrfrist greift nicht, wenn der Mieter in eine bereits umgewandelte Eigentumswohnung eingezogen ist. Für Kündigungen wegen schuldhafter Pflichtverletzung des Mieters gilt der Schutz allerdings nicht.

In welchem Fall versagt die Kündigungssperre bei der Umwandlung in Wohneigentum?

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 11. März 2009, Az. VIII ZR 127/08 - Au-Pair-Mädchen-Fall) gibt es eine bedenkliche Lücke im Kündigungsschutz. Nach diesem Urteil greift die Kündigungssperrfrist nur, wenn der Vermieter Eigenbedarf oder Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung geltend macht, nicht aber bei einem sonstigen berechtigten Interesse nach § 573 Abs. 1 BGB wie zum Beispiel bei einer Kündigung für ein Au-Pair-Mädchen.

Was besagt die Berliner Umwandlungsverordnung?

In den sozialen Erhaltungsgebieten (»Milieuschutz«) müssen Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen vom Bezirksamt genehmigt werden. Die Bezirksämter informieren die Grundbuchämter, wenn neue Milieuschutzgebiete ausgewiesen werden.

Durch eine Grundbuchsperre wird bewirkt, dass keine Änderungen im Grundbuch eingetragen werden dürfen, solange die Genehmigung der Umwandlung durch das Bezirksamt nicht vorliegt. Die Bezirksämter sind gehalten, Umwandlungen zu untersagen. Doch bestehen gesetzliche Ausnahmeregelungen, wonach zum Beispiel die Umwandlungsgenehmigung zu erteilen ist, wenn der Eigentümer sich verpflichtet, innerhalb von sieben Jahren ab Begründung des Wohnungseigentums Wohnungen nur an dort lebende Mieter zu veräußern.

Wie viele Milieuschutzgebiete gibt es in Berlin, und wie können sich Mieter informieren?

Berlin hat derzeit 22 Milieuschutzgebiete in vier Bezirken. Welche Wohngebäude in einem Milieuschutzgebiet (inklusive Gebiete mit Aufstellungsbeschluss) liegen, sind in einer Straßenliste auf der Internetseite des Berliner Mietervereins zu finden (www.berliner-mieterverein.de/uploads/2015/07/ strassenliste-milieuschutzgebiete-2015.pdf).

Was bedeutet das Vorkaufsrecht für den Mieter?

Der Mieter hat ein Vorkaufsrecht, wenn die umgewandelte Eigentumswohnung an einen Dritten veräußert werden soll. In diesem Fall kann der Mieter in den Kaufvertrag mit dem Dritten eintreten und die Wohnung zu den zwischen Eigentümer und Kaufinteressent ausgehandelten Bedingungen kaufen. Das gilt auch dann, wenn der Mieter zuvor ein eigenes Kaufangebot des Vermieters abgelehnt hat. Für den Eintritt muss der Mieter bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Empfang der Mitteilung über den anstehenden Verkauf die Ausübung des Vorkaufsrechts in Schriftform gegenüber dem Eigentümer erklären.

Was ist, wenn der Vermieter das Vorkaufsrecht vereitelt?

Wird der Käufer im Grundbuch abgesichert, bevor der Mieter seine Entscheidung bezüglich des Vorkaufs trifft, läuft sein Vorkaufsrecht ins Leere. Dem kaufwilligen Mieter bleiben dann nur noch Schadenersatzansprüche gegenüber dem Vermieter. Ist der Käufer noch nicht im Grundbuch eingetragen, kann der Mieter durch eine einstweilige Verfügung verhindern, dass Verkäufer und Käufer vollendete Tatsachen schaffen.

Was ist tun, wenn der Eigentümer ein Abfindungsangebot unterbreitet?

Da - wie vorstehend beschrieben - die Kündigung des Mietverhältnisses nach Umwandlung und Veräußerung für zehn Jahre ausgeschlossen ist, versuchen einige Vermieter, Mieter mit finanziellen Abfindungen zum Auszug zu bewegen. Die Umwandlung in eine Eigentumswohnung verpflichtet den Mieter aber weder zum Auszug noch zur Änderung des bestehenden Mietvertrages. Der Mieter muss somit auch keine Abfindungsvereinbarung unterschreiben. Besteht Interesse an einer solchen Vereinbarung, sollte vor Unterzeichnung eine Rechtsberatung aufgesucht werden.

Welche Auswirkungen hat die Veräußerung der umgewandelten Wohnung auf das Mietverhältnis?

Der bestehende Mietvertrag wird durch den Eigentümerwechsel nicht berührt, sondern hat weiterhin volle Gültigkeit. Dies betrifft alle vertraglichen Vereinbarungen mit dem Voreigentümer, wie zum Beispiel die Genehmigung einer Untervermietung. Die Miete muss an den neuen Eigentümer überwiesen werden, sobald dieser im Grundbuch eingetragen ist. Der Mieter kann als Nachweis einen Auszug aus dem Grundbuch oder eine Bevollmächtigung des vorherigen Eigentümers fordern, bevor er die Miete auf das neue Konto überweist.

Aus: MieterMagazin 11/2015

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