Ohne Ansehen der Herkunft

Uwe Kalbe über den wachsenden Druck auf Asylbewerber und das Asylrecht

  • Lesedauer: 1 Min.
Asylbewerber aus Marokko und Algerien sollen vorrangig behandelt werden – mit dem Ziel, sie möglichst ohne Verzögerungen abzuschieben. Diese Entwicklung ist falsch. Sie widerspricht dem Asylrecht.

Die Bevorzugung ist eine Benachteiligung: Asylbewerber aus Marokko und Algerien sollen vorrangig behandelt werden – mit dem Ziel, sie möglichst ohne Verzögerungen abzuschieben. Es wiederholt sich die Debatte über Flüchtlinge vom Balkan, nun allerdings mit größerer Routine und Kaltblütigkeit sowie mit atemberaubendem Tempo. Es wird nicht mehr gezögert. Noch bevor gesetzliche Voraussetzungen überhaupt geschaffen sind, bevor die Verleihung des zweifelhaften Titels »sicherer Herkunftsstaat « erfolgt ist, wird schon über die Umsetzung geredet. Und über Möglichkeiten, diesen Schritt ganz zu überspringen.

Das ist das Problematische an der Entwicklung. Man kann nicht kritisieren, wenn der Staat zu unterschiedlichen Ergebnissen kommt bei der Bewertung der Gefährdungslage in verschiedenen Ländern. Dies war auch die Grundlage für die Entscheidung, Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien ohne Formalitäten aufzunehmen. Ihre kollektive Not rechtfertigte dies. Eine kollektive Abwertung der Fluchtgründe aus anderen Ländern – quasi zum Ausgleich – ist aber rechtsstaatlich zweifelhaft. Die Prinzipien des Asylrechts müssen gelten, für Menschen aus welchem Land auch immer. Eine individuelle Prüfung des Asylantrags ist alternativlos – sonst wäre das Asylrecht nicht länger das Papier wert, auf dem es geschrieben steht.

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